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2024
Ausstellung
@house of spouse, Wien (solo)

Text → 78.643 Zeichen
Fanzine → 14.9 × 21 cm, 44 pages, digital indigo print, 1/1c, Din A5
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Fotografien → Digital Prints auf Papier, 4/0c, US Letter
Objekte → ohne Titel, Pappe, Klebeband, Pappmaché, Gesso, weißer Marmor





Auszug        

Ich liebe die Hitze in New York, die Hitze, auch wenn erst Mai ist. Schwül und diesig wird die Stadt, eine Stadt am Meer, eine Stadt mit Strand, eine der schönsten Städte der Welt. Sicher, mein Blick getrübt auch von der Tatsache, dass ich hier von ökonomischen Zwängen befreit an der Wall Street arbeiten kann. An meine Schienbeine klebt der Wind meine sehr weit geschnittene Hose. Hinten, sehr weit hinter den Waden flattert sie dann auch unaufgeregt rhythmisch von einer Seite auf die andere. Ich trage Gartenschuhe aus dunkelgrauem Plastikschaum, ein leichtes T-Shirt, heute ausnahmsweise eines in hellblau und dazu eine Sonnenbrille mit eher klassischer Form und Farbgebung. In der Hand die langen Henkel eines XXL-Tote-Bag mit Barbara Kruger Motiv – Künstler:innenbuchhandlung Sonderedition – die gefletschten Zähne eines kleinen karnivoren Predators (Hund oder Wolf) in Schwarz und Weiß und klein überdruckt mit einem roten Rechteck, darin in weißen Großbuchstaben der Satz BUSINESS AS USUAL. Für meine Tätigkeit an der Wall Street ist es selten einfach, ein Outfit zu finden. Think: business trekking day, think: formal beach hike, think: no-tie business casual all weather creative, think: highly versatile semi-formal cocktail carry-all. Ich sitze unter dem hübsch unregelmäßig löchrig jungen Blätterdach im Zucchotti Park. Durch das helle Grün streuen sich kleinteilig paar wenige Sonnenflecken über den weiten Platz. Es ist ruhig, der Wind weniger geworden, paar Food-Carts packen am Rand des Platzes schon zusammen, der späte Nachmittag zieht die Menschen in andere Stadtviertel, paar Leute spielen Schach wie jeden Tag, eine weit entfernte Sirene, es dauert bisschen, bis sie mir ins Bewusstsein kommt. „On Sept 17 [2011], flood into lower Manhattan, set up tents, kitchens, peaceful barricades and occupy Wall Street.“ 2011 taten um die 1000 Leute genau das. Zucchotti Park wurde von den Menschen wieder in Liberty Plaza Park umbenannt und über 95 Tage formierte sich genau hier OccupyWallStreet.

Überall in den USA und rund um die Welt schließen sich Menschen dieser neuen Bewegung an – nach dem Crash von 2007/2008, nach allem, was die Wall Street zerstört hat, in den USA verloren 8,8 Millionen Menschen ihren Job, 3,8 Millionen Menschen ihre Wohnungen oder Häuser. Was es gab, waren Bail-Outs für die Banken und Lohnverluste plus Austeritäts-Politik für die vielen. Und genau hier gibt ihnen die Bewegung tatsächlich echte Hoffnung zurück, we are the 99%.

Ich nippe an meinem Deli-Kaffee, der mir sofort Herzrasen macht und dieses Gefühl von Überwältigung in mir noch verstärkt, obwohl mir alles weiter unvorstellbar bleibt. Das Gefühl von Verbundenheit, nie mehr vereinzelt, die Ahnung dadurch dieses Mal wirklich etwas grundlegend ändern zu können.

[…]




⤷ Financial Times. A Wall Street Journal. Ausstellungsansicht @house of spouse, 2024






⤷ ohne Titel, Pappe, Klebeband, Pappmaché, Gesso, weißer Marmor, 2024




⤷ ohne Titel, Pappe, Klebeband, Pappmaché, Gesso, weißer Marmor, 2024






⤷ Financial Times. A Wall Street Journal – Artist Box (ed. 12+1, signed & numbered), text, ~130 digital prints on paper, 4/0c, US letter, 2024


⤷ from the series: Financial Times. A Wall Street Journal – 55 Wall Street


⤷ from the series: Financial Times. A Wall Street Journal – Wall Street Subway Station Pine Street Entrance


⤷ from the series: Financial Times. A Wall Street Journal – T.J. MAXX on Broad Street and Ex J.P. Morgan Building on 23 Wall Street


⤷ from the series: Financial Times. A Wall Street Journal – Artist Map of FiDi, NYC


⤷ from the series: Financial Times. A Wall Street Journal – 1 Wall Street







2023
Ausstellung @mauer, Köln
→ mit Hannes Heinrich

Die Ausstellung And in the disparate clamour of the chaos that surrounds you it's hard to know which of the voices that you hear are your own von Jan Erbelding und Hannes Heinrich zeigt zwei Positionen, die auf formaler Ebene fast nicht unterschiedlicher sein könnten. Jedoch verbindet die beiden Künstler ein anhaltendes Gespräch über die Bedeutung von Kunst und die Verortung der eigenen Praxis darin.

Jan Erbelding arbeitet vorwiegend mit Text und Sprache. Die Darstellungsformen sind dabei vielfältig: von gedruckten Zines (abgeleitet von Fanzine, einer von Fans für Fans hergestellten Zeitschrift), Performances oder Lesungen, bis hin zu Soundinstallationen. Häufig wird er in seinen Werken zum selbstbetitelten Fanboy, der sich in seinen Textcollagen in einen Diskurs mit historischen Figuren begibt. Die eigene Gedankenwelt aus Sehnsüchten, Ängsten und existenziellen Fragen tritt in einen lebhaften Dialog mit Persönlichkeiten wie Gustav Landauer oder Simone Weil. Ein Text-Webwerk entsteht, indem gleichwertig private und politische Themen sowie utopische Theorien verhandelt werden. Die Unmittelbarkeit, aber auch der fragmentarische Charakter der Texte, werfen komplexe Fragen über Identität und Gesellschaft auf. Zunächst diametral im Vorgehen erscheinen Erbeldings very specific objects: Diese skulpturalen ortsspezifischen Displays dienen oft der Präsentation seiner Schriften und zeichnen sich durch ihre organischen Formen aus. Insbesondere ihr schneller und unvermittelter Entstehungsprozess sind den Gedankengängen der Texte ähnlich – direkt und persönlich.

Hannes Heinrichs malerische Werke sind in ihrer Flüchtigkeit der einer Polaroidfotografie sehr ähnlich. Sobald der Künstler einen zeichnerischen Abdruck eines Körpers mit Kohle und einer ungrundierten Leinwand angefertigt hat, ist ein Eingreifen in diese Bildebene beinahe unmöglich. Mit der anschließenden Grundierung und dem Aufspannen fixiert sich die künstlerische Geste. Es handelt sich um einen unwiederbringlichen, nicht wiederholbaren Vorgang, der den ephemeren unkontrollierbaren Moment zwischen Sein und Vergehen thematisiert; genau diesen Augenblick, den Roland Barthes in Die helle Kammer als »punctum« in der Fotografie bezeichnet. Heinrichs künstlerische Geste dekonstruiert den Körper und setzt ihn neu zusammen. Obwohl sich dieser in den Stoff einschreibt, können wir ihn mit unseren Augen lediglich ertasten, ohne ihn vollständig greifen zu können. Ein starkes Spannungsverhältnis zwischen Gezeigtem und Sehendem wird deutlich: Der in die Leinwand eingeschriebene Körper wird objektiviert und offenbart, wie subjektivierend unser eigener Blick ist. Uns bleibt nur die Reflexion darüber, was sichtbar ist und was im Verborgenen bleibt.

Text: Yvonne Scheja



⤷ Ausstellungsansicht @mauer, 2023




Ohne Titel [Uhr], gewachste Pappe, Uhrwerk, ca. 24 × 23 cm, 2023


Ohne Titel (Rouen), Pappe, Tape, Gesso, Pappmaché, Pigment, 21 × 30 × 82 cm, 2023


Ohne Titel (Rouen), Pappe, Tape, Gesso, Pappmaché, Pigment, 21 × 30 × 82 cm, 2023


Ohne Titel, Pappe, Tape, Gesso, Pappmaché, Pigment, 22 × 31 × 36 cm, 2023




Ohne Titel, Pappe, Tape, Gesso, Pappmaché, Pigment, 37 × 41× 43 cm, 2023




Ohne Titel, Pappe, Tape, Pappmaché, Pigment, 32 × 23 × 8 cm, 2023









2022
Ausstellung @Haus der Kunst, München (solo)

still no guides → Installation – Text, Performance/Lesung, Fanzine, Audio, Pappregal, Wandfarbe

Simone Weil Fanboi Text → Fanzine – 56 Seiten, 1/1c Indigo-Print, 2022
Text und Gestaltung: Jan Erbelding
Lektorat: Jonas Münch
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specific object [Regal] → Pappe, Pappmaché, Gips, Tape, Pigment, 2022
Studio Assistant: Paulina Nolte

Simone Weil Fanboi Text → Audio – 1:25 h, Stereo, 2022
Sprecherin: Natalie Brück
Studio und Schnitt: Natalie Brück

→ listen online: Simone Weil Fanboi Text (Auszug)

„Nicht verstehen können, was sich so oft entzieht und was fasziniert und die ganze Zeit, bis zum Bruch und auch nach dem Bruch, der kein wirklicher Bruch sein wird, noch immer eigentlich. Dem erstmal freundlich begegnen, neugierig. Verstehen wollen, beobachten wollen, spüren wollen was Sprache macht, welcher Weltentwurf entsteht, was sich anderes aufbaut. Im Denken die eigenen Grenzen spüren, tasten. Fühler:in. Diese Grenze einfach versetzen. Was nicht gedacht werden kann oder nur noch nicht gedacht werden kann. Dafür die Aufmerksamkeit aufbringen. Sich aufs Unbekannte hin öffnen, auf die Leere. Sich einfach drüberraus katapultieren, schreibend, denkend, träumend. Oder Musik. Singen. Tanzen. Oder was auch immer. Pflanzen. Substanzen. Atmen. Schlafen. Malen. In der Wahrheit leben wollen und ganz in der Welt sein. Konkrete Arbeit an Realität. Drüberraussteigen wollen. Inkonsistenzen. Still no guides. Selber Welt werden. Eine Sprache suchend finden vielleicht, für das Unbekannte vielleicht, das Noch-Nicht-Gedachte vielleicht, die Utopie.“

Jan Erbelding ist Autor, Fotograf und Objektkünstler. Seine meist textbasierte künstlerische Praxis vermittelt sich durch Performances, Rauminstallationen und eigene Publikationen. Persönliche Erfahrungen und Ideen verbindet Erbelding mit historischen Fakten und Figuren, literarischen Referenzen sowie gesellschaftspolitischen Kommentaren zu poetischen Erzählungen. Für das Haus der Kunst verfasste der Münchner Künstler eine neue Textarbeit, die sich um das Leben und Wirken der französischen Philosophin Simone Weil dreht. Gesprochene Fragmente des Textes sind in dieser raumfassenden Installation über Lautsprecher zu hören und stehen im Dialog mit dem gedruckten Text, der in einem Bücherregal aufbewahrt wird. In der poetischen wie narrativen Installation Still No Guides (2022) werden die Besucher einem Zusammenspiel verschiedener Wahrnehmungsebenen ausgesetzt, von Hören, Sehen, Fühlen und Lesen. Besucher*innen werden dazu eingeladen, Innezuhalten und sich in das von Jan Erbelding erzählte Leben und Werk von Simone Weil einzufühlen.

Kuratiert von Luisa Seipp und Damian Lentini



⤷ Ausstellungsansicht @Haus der Kunst, 2022




⤷ Einladungsflyer zum Opening-Performance Reading





2022
Ausstellung @house of spouse, Wien (Kuration)
→ mit Stefan Fuchs, Jakob Gilg, Getrude Honzatko-Mediz, Paulina Nolte, Roberta Di Paolo, Maria VMier

→ find my text for release the joy on this site below




⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Maria VMier, Roberta Di Paolo, Stefan Fuchs, Jakob Gilg, Getrude Honzatko-Mediz, Jan Erbelding


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Maria VMier, Roberta Di Paolo, Stefan Fuchs, Jakob Gilg


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Roberta Di Paolo, Stefan Fuchs, Jakob Gilg


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Getrude Honzatko-Mediz, Jan Erbelding, Paulina Nolte, Roberta Di Paolo, Jakob Gilg, Roberta Di Paolo



⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Getrude Honzatko-Mediz, Jan Erbelding


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Paulina Nolte, Roberta Di Paolo, Jakob Gilg, Roberta Di Paolo


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Roberta Di Paolo, Jakob Gilg, Roberta Di Paolo, Jakob Gilg, Jan Erbelding, Stefan Fuchs


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Jan Erbelding, Stefan Fuchs, Maria VMier, Roberta Di Paolo, Stefan Fuchs, Jakob Gilg


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Jan Erbelding, Stefan Fuchs


⤷ Ausstellungsansicht – release the joy
V.ln.R.: Jan Erbelding, Maria VMier, Roberta Di Paolo

→ see full documentation here @house of spouse




2021
Ausstellung @loggia, Wien (solo)

Alphabet /Rings of Saturn → ceramics, Polyester cord, cord stoppers, variable dimensions, 2021
Ohne Titel (Uhr) [05.07.21] → cardboard, clockwork, 2021
Ekstase (Ecstasy) → text, sound (~29 min,looped, stereo (with Jakob Braito)), speakers, artist hat, 2021
→ listen online: Ekstase (29:27 min)

The title of the exhibition "Vague Intellectual Pleasures" refers to the book "Thought Forms", which Annie Besant had published together with W.C. Leadbeater in 1901. Annie Besant, born in 1847 in Clapham, London, was a socialist who actively campaigned for secularization, women's rights and workers' rights. She was active in trade union circles attempting to reunite the left, which had divided into anarchists and collectivists, and was on trial as co-editor of "The Fruits of Philosophy," a book that discussed, among other things, the benefits of contraception. In addition to her politically activist essays and writings, she also produced works increasingly influenced by Theosophy, which was emerging at the time - including the aforementioned "Thought Forms." These "Thought Forms" show the attempt to visualize the emotions of other people with the help of a translation process between clairvoyance and painting.

Leadbeater and Beasant each function as a medium that can see the thought forms and their resulting vibrations of extremely small material particles. According to the instructions of the two mediums, befriended painters transfer what has been observed back into more than 50 colored panels so that everyone is able to see them. Perhaps this is a kind of mediumistic forerunner of magnetic resonance imaging - only that in "Thought Forms" it was the particle vibrations of the emotions that were recorded in color.

Panel number 18 shows the emotion "Vague Intellectual Pleasure" - it is the feeling that is triggered by "pleasure in the intellectual, [the] appreciation of the results of an inventive mind, or pleasures derived from skillful work". A fuzzy yellow cloud floating in front of an almost black background. Depending on whether my "Vague Intellectual Pleasure" is mixed with selfishness, or whether it is directed toward lower or higher concerns, the yellow tends from dark and dull, to bright and lemon. Since the color, as the two authors make clear, is also very much influenced by my expertise as an artist, I do wonder, if here with "lower" perhaps punk rock is meant, while with "higher" certainly Mendelsohn is referred to, whether the colorfulness of my "Vague Intellectual Pleasure" might not be oriented more to my subjective pleasure than to an absolutely set, bourgeois understanding of high and not-so-high culture. Probably the colorfulness of the cloud rather follows my inner joy and enthusiasm, the way I always feel, for example, when listening to a magnificently cleverly made scrappy guitar accompanied by an exceptionally bumpy clatter drums, as only a few drummers* can fully indulge in their talent. Annie Besant and W.C. Leadbeater themselves write of Vague Intelectual Pleasure: "Such pure mental enjoyment is indicated by a yellow cloud, and the same effect may be produced by pleasure in musical skill or a witty argument." So I would assume that for me, the cloud of enthusiasm also shows up in a clear lemony yellow when I listen to "Oma Hans" and or whenever I think about the songs of "Lana del Rey". I imagine this cloud to be in lemon yellow when I read Simone Weil or think about whether the conditions for a decentralized democratic socialist social order, as described by Gustav Landauer, must first be given from one's own, somehow inner, attitude or whether they must have already been created beforehand by external circumstances and material conditions. The cloud is probably also lemon yellow, if I, as mostly, do not find a conclusive answer.

Vague Intellectual Pleasures is also the title of a series of fanzines which I initiated. The first issue was titled "Gustav Landauer Fanboy Text" devoted to the mystically influenced anarchist Gustav Landauer (1870-1919). At the moment I am working on a second issue on and about Simone Weil (1909-1943). Similar to Gustav Landauer, Simone Weil was influenced by a a mystical worldview and became a mystic herself, but without turning away from political activism. Both Landauer and Weil recognize how different each person's preconditions can be in their respective contexts and recognize their individual paths as only one of many valid paths toward freedom equality and solidarity. In both theories, the undefined or vague, the deliberate non-definition of "the other," plays a prominent role. The text I wrote under the title "Ekstase" (Ecstasy) and which I produced here as an audio installation in collaboration with Jakob Braito, is somewhat in between these two fanzines. From the beginning it was written to be listened to, yet "Ekstase" moves a bit further away from text or language as a pure information medium, and towards an increased sense of gap, sound and bodily experience.



⤷ vague intellectual pleasures – Ausstellungsansicht @loggia Wien, 2021


Alphabet/Rings of Saturn (Rauminstallation: Keramiken, Kordelstopper, Polyesterkordel, Größe variabel)


Alphabet/Rings of Saturn und Ohne Titel (Uhr) [05.07.21] (Pappe, Uhrwerk, 2021)


Alphabet/Rings of Saturn und Ohne Titel (Uhr) [05.07.21]


Alphabet/Rings of Saturn und Ohne Titel (Uhr) [05.07.21]


Ohne Titel (Uhr) [05.07.21] Pappe, Uhrwerk, 2021)


Alphabet/Rings of Saturn (Rauminstallation: Keramiken, Kordelstopper, Polyesterkordel, Größe variabel)


Ekstase (Text, Installation: Text, Sound (~29 Min,looped, Stereo Sound (mit Jakob Braito)), Lautsprecher, Mütze des Künstlers)


⤷ vague intellectual pleasures – Ausstellungsansicht @loggia Wien, 2021








texte / performances

2025
Text für PHANTOM OF THE ROAD
→ SAMUEL FARRIER @The Meeting, NYC
    read English version here



Phantom of the Road        

1)
Sam und ich verabreden uns in Vorbereitung auf diesen Text an einem sonnigen Dienstagnachmittag im unteren Manhattan auf einen Kaffee plus anschließendem Studio-Visit. Es ist das erste Mal, seit ich im Jahr vorher für fast sechs Monate in New York leben durfte. Als ich die kleine, dem Namen nach und wie so vieles hier in Manhattan, irgendwie französisch inspirierte, Bistro-Bar betrete, bin ich sofort wieder begeistert von dieser Stadt, vom Flair dieser immer auch bisschen trashigen Eleganz, dieser, vielleicht einer der schönsten Städte der Welt und mir wird erst jetzt wieder bewusst, wie sehr ich diese Stadt eigentlich vermisst habe. Die Hostess fragt mich nach einer Reservierung, ich sage, I don’t know, so akzentfrei wie möglich, buchstabiere Sams Nachnahmen „Farrier“ so deutlich wie möglich, sie will mir meine Jacke abnehmen – eine mir eher fremde Aktion. Es gibt keine Reservierung, und ich beschließe an der Bar auf Sam zu warten. Weil mir plötzlich sehr die Einrichtung und Menschen in diesem Laden bewusstwerden und damit, wie immer, auch mein aktueller Kontostand, genauso wie das fragile Gerüst meines, dieses seltsamen sozialen Status als Künstler, der es mir vielleicht doch manchmal grade so erlaubt, in diese french-fake-high-society-etablisments zu gehen, bestelle ich eingeschüchtert nur eine Tasse Kaffee. Keine Milch, kein Zucker. Passt vielleicht auch zum amerikanischen Französisch-Sein des Bistros. Der Kaffee braucht ewig. Ich warte, versuche mich zu entspannen, fühle mich nur bedingt wohl, denke aber, dass ich vielleicht genau das schon von Sam gelernt habe, oder wieder erlernt habe, also das auch nach außen Künstler-Sein und damit verbunden dieses sehr elegant und nette Sich-reindrängen in Räume, die eigentlich weniger für uns vorgesehen sind, die aber, weil Kunst und Künstler:in-Sein nun mal ein so seltsames Konstrukt ist, doch auch von uns geöffnet werden wollen. Wahrscheinlich hätte ich, als ich Sam noch nicht kannte, schüchtern draußen gewartet. Ich sitze mit dem Rücken zu den meisten hier, der Kaffee kommt, finally, während ich arg auffällig versuche, die Financial Times am Handy zu lesen. Ob auch die fancy Räume von ihrer eventuellen, sicher stark bedingten Durchlässigkeit wissen, die wir einfordern wollen? Einfordern sollten? Als Künstler:innen für alle einfordern sollten? Der Kaffee schmeckt gut, der kleine Kaffee wie immer in dieser Stadt ein riesiger Pott, nach paar Schlucken stellt sich über mein Smartphone raus, dass ich im falschen Laden bin. Es gibt denselben Namen noch zweimal hier ums Eck für von oben geplanten, durchlässigeren Varianten dieses Ladens. Der Kellner schenkt mir den Kaffee und wie Sam draußen feststellt, macht er das, weil das eben ein wirklich richtig oberschicker Laden ist. Wir beschließen zu seinem Atelier an der Canal Street zu laufen, sprechen dabei über New York City, Sam erklärt den Unterschied zwischen fancy Bistros und krass fancy Bistros (coat check, Kaffee geschenkt), wir treffen Mary, Malerin, haben plötzlich Hunger, finden uns gleich ums Eck vom The Odeon, bestellen Martinis und für mich ein Grilled Cheese mit Pommes. Fancy. Es ist noch nicht ganz 15 Uhr. Kurz nur kommt mir das unverantwortlich vor, dann aber bald schon als der Nachmittag sich hier so an unseren Gesprächen über Kunst und allem vorbeischleicht und die träge Wintersonne an den Hochhäusern vorbei in noch schmaleren Streifen durch die halb heruntergelassenen Rollos des Odeon scheint, fühle ich mich vor allem als wirklicher Teil dieser schon immer durch die Jahrhunderte getragenen Erzählungen eines klassischen Künstler:innen-Lebens. Mit Sam passiert das recht oft.

2)
The Painter on his Way to Work gilt als eines der ersten Selbstporträts Vincent Van Goghs nach seiner Ankunft in Arles. Es zeigt den Maler großen Schritts in der Bildmitte. Mit sich trägt Van Gogh typische Insignien der Plain-Air-Malerei: einen Sonnenhut, eine kleine Leinwand unter dem Arm, ein kleines Köfferchen, in dem ich Malutensilien vermute und oben auf seinem Rucksack festgeschnallt, eine kleine Staffelei. Man glaubt, dass das Gemälde, während eines Feuers in einer Nazi-Salzmine zusammen mit einem großen Teil der Kunstsammlung eines Museums in Magdeburg zerstört wurde. 2012 kommt in München, der Stadt, in der ich lebe, kurz die Hoffnung auf, das Selbstporträt des Künstlers auf dem Weg zur Arbeit in Tarascon, könnte sich auch in der geheimen Kunstsammlung Gurlitts befinden, die dort grade durch Zollfahnder:innen aufgedeckt wurde. Geheim war die Sammlung vor allem aus Gründen der Steuerhinterziehung und weil ein Teil der Kunstwerke unrechtmäßig während der Nazi Diktatur als „Entartete Kunst“ diffamiert und beschlagnahmt oder von ihren rechtmäßigen, meist jüdischen Besitzer:innen, gestohlen oder für wenig Geld abgepresst wurde. Aber The Painter on his Way to Work, das auch den Titel The Painter on the Road to Tarascon trägt, war nicht dabei. Das Bild gilt noch immer als verschollen. Vielleicht existiert es noch, vielleicht auch nicht. Definitiv existiert noch eine farbige Vorstudie des Malers und eine vom Museum in Magdeburg angefertigte Farbfotografie von 1930 vom Originalgemälde – was für diese Zeit recht ungewöhnlich war, fotografische Reproduktionen in Farbe. Außerdem existieren noch immer und immer mehr, wachsende ungezählte Massen des verlorenen Motivs als Tassen, Handtücher, Taschen, Poster, Seidenschals, Socken, Flaggen, Kalenderblatt und Myriaden von in Öl gemalten künstlerischen Annäherungen, Hommagen, Neuinterpretationen oder schlichtweg kunstmarktorientierte Fälschungen. Schon wenige Jahre nach Van Goghs Tod 1890 tauchen solche in betrügerischer Intention angefertigte Fälschungen auf dem Kunstmarkt auf. Was nicht nur daran lag, dass Van Gogh, der zu Lebzeiten irgendwas zwischen 1 und 10 Bilder verkauft hatte und heute als weitere Ikone leidenschaftlich verarmter Hingabe an nichts als das pure Künstler:in-Sein gilt, plötzlich nach seinem Tod stetig steigende Nachfrage und Preise verzeichnen konnte. Als Künstler:in sicher auch ein nice-to-have, dein Werk für immer in die Kunstgeschichte eingeschrieben, aber die Miete zahlt das halt auch nicht. Ein anderer Grund war immer auch der Künstler Van Gogh selber. Wobei mir noch immer nicht klar ist, was Fälschung hier dann genau bedeutet. Weil Van Gogh selber immer wieder den Malstil verändert und das gleiche Motiv in zig verschiedenen Ausführungen und Varianten und Wiederholungen gemalt hat, war oder ist teilweise immer noch nicht ganz klar, welche Gemälde ihm fälschlicherweise zugeordnet werden und welche ihm noch immer abgesprochen werden, weil diese doch zu sehr von dem abweichen, was vielleicht der Markt gerne als eingängig-wiedererkennbare, konsistente Artist-Brand hätte. Wo früher die Konsistenz in Van Goghs Werk anhand seiner Signaturen gesucht wurde, werden heute von Computern einzelne Pinselstriche auf durchgängige Muster in den Bildern untersucht. 1928 erstellt der studierte Jurist und Van Gogh Experte J.B. De La Faille ein erstes, umfassendes Werkverzeichnis aller bekannten Van Goghs. Verwickelt in einen als Kunstskandal bezeichneten Vorgang verifiziert La Faille zunächst 30 weitere Van Goghs des Kunsthändlers Otto Wacker als Originale, die sich aber schon kurz darauf als Fälschungen rausstellen. Um seinen Ruf als Experte zu retten, publiziert De La Faille 1930 einen Katalog mit 174 bekannten Van Gogh Fälschungen. Auch in der Hoffnung, die 30 von ihm fälschlicherweise verifizierten Gemälde würden darin als zu vernachlässigende Größe untergehen.

3)
Les Faux Van Gogh ist eine der ersten Referenzen, von denen mir Sam erzählt. Erste, einzelne, einzige noch. Aber sofort vereinzelt aus einem Kosmos dann, welcher von Satz zu Satz, von Gespräch zu Gespräch und mit jedem zusätzlichem, oft farbfotokopiertem, in kleinen Stapeln bürogeklammerten, Referenz-Sonnensystem, dass Sam vor mir auf seinem schweren fake-Mahagoni Ex-Anwalts-Schreibtisch ausbreitet, mehr und mehr sich ausdehnt. Kosmos, der sich weitet, in einer irren Sprechgeschwindigkeit, in Sams Sprechgeschwindigkeit, komplexer und komplexer wird, zunehmend großartig unüberschaubarer wird und darin Van Gogh nur ein Punkt von vielen. Aus dem Künstler auf dem Weg zur Arbeit, wird in Sams Version das Phantom der Straße, ein Schatten bleibt noch von Van Gogh. Aufgelöster Körper. Die verdunstete Ikone. Ein Schatten den Sam für immer auf Wanderung schickt. Der Weg, ein Einstieg, kein beliebiger, und was wichtig ist, aber nur einer von Vielen. Die Farben ändern sich. Die Hierarchie von Original und Fälschung löst sich mal auf, gewinnt an anderer Stelle wieder Wichtigkeit, bleibt überhaupt vielleicht auch ein bisschen egal. Wann und wo und wie genau – als Betrachter:in schwebe auch ich permanent durch diesen Kosmos. Zwischen Referenzen. On the Phantom Road again. Zum ersten Mal treffe ich Sam am Abend einer Ausstellungseröffnung bei anonymous. In einer Hand einen Regenschirm, der noch über den glänzenden Galerieboden tropft und in der anderen einen großen, länglichen, weißen Pappkarton mit eingeklebtem Henkel. Langer schwarzer Mantel und eine nur leicht orange getönte Brille, die kaum Sonnenbrille ist. In der exakt dafür angefertigten Kiste, das kleine handkopierte und geklebte Buch zur Ausstellung. Es gibt einen Prägestempel in Silberfolie und kleine Kordeln, die das Leporello verschließen, weitere kleine Stempel für Nummerierung und Logos und überhaupt so viele wirklich liebevoll gefertigte Details, wie mir das in der Kunst schon lange nicht mehr begegnet ist. Sams Atelier liegt in der Canal Street, Ecke Walker, direkt über der Canal Street Subway Station. China Town. Ich glaube, das ist wichtig, ein weiterer Punkt oder Eingang im Kosmos von Sams Arbeiten. Die vielen kleinen hochspezialisierten Geschäfte, die es hier noch gibt, Restaurants, Imbisse, aber vor allem auch noch die kleinen bis sehr kleinen, oft etwas versteckten Handwerksbetriebe. Blumenläden, seltsame Elektrofachgeschäfte, Wahrsager:innen, die Druckerei, bei der Sam seine hochgeprägten Visitenkarten drucken lässt, und Canal Plastic. Drumrum überall fliegende Händler:innen, mit Gucci, Prada, Louis Vuitton, Marc Jacobs Handtaschen auf der Straße. Dazu die Echtheitszertifikate, die von anonymen Designer:innen aufwendigst gestaltet, trotzdem alles außer Echtheit anzeigen, die noch rumliegen, wenn die Straßenhändler:innen schon Feierabend gemacht haben. „Les canaux speciaux prodults – Special commdictory“. Auch hier detailliert gestaltete QR-Codes, Hyperlinks, die kaum irgendwo hinführen, kleine, fast offizielle Logos, zusätzlich gestempelt, um noch etwas mehr Richtigkeit und Wichtigkeit anzuzeigen. Die Zertifikate, die dann doch nie jemand zu seiner Fake-Handtasche will, werden von Sam gesammelt und zu neuen Gemälden überdruckt. Noch viel aufwendiger, mit einem Motiv einer Trauerkarte zu Van Goghs Beerdigung. Den Namen Van Gogh unter der arg abgeknickten Sonnenblume, durch den eigenen ersetzt, Farrier, und als Einladungskarte zur Ausstellung. Art is for the living. Großartige Ephemera. Ich und Objekte und die Schönheit. So wie sich Canal Street als wichtiger Teil Sams künstlerischen Lebenswelt, immer in die Arbeiten einschreibt, schreiben sich auch die anderen Teile in Sams Leben in seine Arbeit ein. Die Jahre seines Lebens, die er in Asien verbracht hat, das Atelier als Ex-Anwaltsbüro mit den zwei riesigen Schreibtischen, mit den von Gebäude vorgegebenen Möglichkeiten überall dort wo die anderen Unternehmen ihre Schilder und Wegweiser anbringen, selbst auch mehr oder weniger kryptische Hinweise zu installieren. Seine Wohnung, der Sky Palace, eigentlich die Verlängerung seines Ateliers, ein Experimentierfeld, um die Grenzen zwischen Leben und Kunst endgültig durchlässig zu machen. Es gibt in Sams Atelier Plastiktüten nach Farben sortiert und eine große Farbkopiermaschine wie in Großraumbüros. Les Faux Van Gogh wird von Sam seitenweise kopiert und wieder als Buch klebegebunden. Jede Ausgabe hat ihre eigenen verrutschten Seiten und Schwarzränder und die hier und da mitkopierten Finger, die das Originalbuch auf die Scheibe des Kopierers drücken. Das Original längst vergriffen und teuer, aber natürlich finde ich das fotokopierte Buch noch viel besser. Fotokopiertes Verzeichnis, das mir auf Französisch erklärt, Schwarzweiss aber in Farbe kopiert, wie ich einen gefälschten Van Gogh dann aber wirklich erkennen könnte – also diese seine, vielleicht hermeneutische Arbeitsweise, immergleiche Landschaft, immergleicher Van Gogh, ein Ding wieder und wieder und wieder umfahrend, um was Neues sehen zu können, um eins ums andere Mal was neues Lernen zu können, weil sich alles ändert, weil wir uns immer andern, weil vielleicht genau das Kunstmachen bedeutet, also immer wieder die gleichen paar Blumen abgemalt, neu gemalt, wieder und wieder, den Empfindungen des Tages entsprechend und den Zeitverschiebungen, heute grober blau, morgen feiner gelb, ein kräftiges, für immer weiter langsam ausbleichendes Gelb. Nächster Referenzstapel: Impressionisten Gelb. Plastik Sonne, die sich in den Tüten findet. Vorstellungen von menschengemachter Zukunft. Die aber auch direkt schon wieder am Ausbleichen sind. Immer schon. Bei Van Gogh bewusst vielleicht. Anders als bei der Plastikzukunft. A Hand in things to come. Shaping another sun. Die immer gleiche Sonne. Auch Byung-Chul Han – Shanzhai: Deconstruction in Chinese von Sam kopiert und vervielfältigt. Ein Buch im Gegensatz zum Faux van Gogh neu und easy bei Amazon direkt bestellbar, morgen schon geliefert, wenn ich will. Auch hier die typische mitgescannte schwarze Leere, die das Buch auf dem Kopierer eben noch als 3-dimensionales Objekt umgeben hat. Die speckige Glätte auf den frisch gedruckten Seiten, wie nur Farb-Laser-Drucker sie hinbekommen, der etwas grobe Rücken der handgefertigten Klebebindung, und das nach dem Pressen wieder etwas angerissene Cover, weil doch ein bisschen vom Kleber ausgelaufen ist. Mehr Referenzen. Das letzte Bild, das Van Gogh gemalt hat, zeigt nur noch verschlungene Baumwurzeln. In Sams Version als eines seiner Plastic Bag Paintings verschmelzen die Ränder der Plastiktütenfetzen zu Wurzeln zusammengesetzt, wie im polyphonen Künstler:innen-Leben; lassen Erkennbares, lassen Eingänge, lange Wege, Schatten, komplexe Systeme. Werden gerahmt von ausufernder Recherche, Originalrahmen oder zerstörte, verschollene – vermutete und zugeschriebene Rahmen; verorten Vergangenheit und Überbleibsel von Zukunft in Kunst und Leben.

Jan Erbelding, 2025



Phantom of the Road (english translation)       

1)
In preparation for this text, Sam and I arrange to meet for coffee and a studio visit on a sunny Tuesday afternoon in lower Manhattan. It's the first time I've been in New York since I lived there for almost six months the year before. As I enter the small bistro bar, which is somehow French-inspired in name, like so many things here in Manhattan. I am immediately enchanted by this city again, by the flair of this always slightly trashy elegance, of this, perhaps one of the most beautiful cities in the world, and only now do I realize how much I have actually missed it. The hostess asks me for a reservation, I say, I don't know, as accent-free as possible, spell Sam's surname “Farrier” as clearly as possible, she wants to take my jacket - a rather strange action for me. There is no reservation and I decide to wait for Sam at the bar. Because I suddenly become very aware of the furnishings and people in this place and with them, my current bank balance, as well as the fragile framework of my strange social status as an artist, which perhaps sometimes allows me to go into these French-fake high-society establishments, I intimidatedly order just a cup of coffee. No milk, no sugar. Perhaps that fits with the American French-ness of the bistro. The coffee takes forever. I wait, try to relax, feel only partially at ease, but think that perhaps this is exactly what I have already learned from Sam, or re-learned, i.e. being an artist and with this a very elegant and nice way of pushing oneself into spaces that are actually less intended for us, but which, because art and being an artist is such a strange construct, maybe want to be opened by us. When I didn't know Sam, I would probably have waited outside shyly. I sit with my back to most of the people here, the coffee coming, finally, while I try ostentatiously to read the Financial Times on my cell phone. Do the fancy rooms also know about their possible, probably highly conditioned permeability, which we want to demand? Should we demand it? As artists, should we demand it for everyone? The coffee tastes good, the small coffee, as always in this city, a huge pot, after a few sips I realize via my smartphone that I'm in the wrong place. There are two more of the same name around the corner here in more intentionally permeable versions. The waiter gifts me the coffee and, what Sam tells me outside, he's doing it because it's a really, really fancy store. We decide to walk to his studio on Canal Street, talking about New York City, Sam explains the difference between fancy bistros and really fancy bistros (coat check, coffee as a gift), we meet Mary, a painter, are suddenly hungry, find ourselves just around the corner from The Odeon, order martinis and a grilled cheese with French fries for me. Fancy. It's not quite 3 pm yet. It seems irresponsible for a moment, but then soon, as the afternoon creeps past our conversations about art and everything else and the sluggish winter sun shines past the skyscrapers in even narrower strips through the half-lowered blinds of the Odeon, I feel like a real part of these stories of a classic artist's life that have been carried through the centuries. With Sam, that happens quite often.

2)
The Painter on his Way to Work is considered one of Vincent Van Gogh's first self-portraits after his arrival in Arles. It shows the painter in the center of the picture, walking at a large stride. Van Gogh is carrying typical insignia of plain-air painting: a sun hat, a small canvas under his arm, a small suitcase in which I assume he is carrying painting utensils and a small easel strapped to the top of his rucksack. It is believed that the painting was destroyed during a fire in a Nazi salt mine, along with a large part of the art collection of a Magdeburg museum. In 2012, in Munich, the city where I live, there was a brief hope that the self-portrait of the artist on his way to work in Tarascon might also be in Gurlitt's secret art collection, which had just been uncovered there by customs investigators. The collection was secret mainly for reasons of tax evasion and because some of the artworks were unlawfully defamed as “degenerate art” during the Nazi dictatorship and confiscated or stolen from their rightful, mostly Jewish owners or extorted for little money. But The Painter on his Way to Work, which also bears the title The Painter on the Road to Tarascon, was not among them. The painting is still considered lost. Perhaps it still exists, perhaps not. What definitely still exists is a preliminary study by the painter in color and a color photograph of the original painting taken by the museum in Magdeburg in 1930 - which was quite unusual for the time, photographic reproductions in color. In addition, countless masses of the lost motif still exist and continue to grow as mugs, towels, bags, posters, silk scarves, socks, flags, calendar pages and what also exists are myriads of oil-painted artistic approximations, homages, reinterpretations or plain art market-oriented forgeries. Just a few years after Van Gogh's death in 1890, such fraudulently produced forgeries appeared on the art market. This was not only due to the fact that Van Gogh, who had sold somewhere between 1 and 10 paintings during his lifetime and is now regarded as another icon of passionate, impoverished devotion to nothing but being a pure artist, suddenly saw a steady rise in demand and prices after his death. As an artist, it is certainly a nice-to-have, your work forever inscribed in art history, but it doesn't pay the rent either. Another reason was always the artist Van Gogh himself. Although I'm still not sure exactly what forgery means here. Because Van Gogh himself repeatedly changed his painting style and painted the same motif in countless different versions and variations and repetitions, it was or still is sometimes not entirely clear which paintings are wrongly attributed to him and which are still considered to be fake because they deviate too much from what the market would perhaps like to see as a catchy, recognizable, consistent artist brand. Whereas in the past, consistency in Van Gogh's work was sought on the basis of his signatures, today computers are used to precisely analyze individual brushstrokes for consistent patterns in the paintings. In 1928, the trained attorney and Van Gogh expert J.B. De La Faille compiled the first comprehensive catalog raisonné of all known Van Gogh works. Involved in what was described as an art scandal, La Faille initially verified 30 other Van Goghs belonging to the art dealer Otto Wacker as originals, but these soon turned out to be forgeries. To save his reputation as an expert, De La Faille published a catalog of 174 known Van Gogh forgeries in 1930. This was also in the hope that the 30 paintings he had falsely verified would sink into irrelevance.

3)
Les Faux Van Gogh is one of the first references Sam tells me about. The first, singular, still the only one. But immediately isolated out of a cosmos, which expands more and more from sentence to sentence, from conversation to conversation and with each additional, often color photocopied, office-stapled reference solar system that Sam spreads out in front of me on his heavy fake mahogany ex-lawyer's desk. A cosmos that is widening, growing more and more complex at a crazy rate of speech, at Sam's rate of speech, becoming increasingly overwhelming and Van Gogh just one point among many. In Sam's version, the artist on his way to work becomes the phantom of the street, only a shadow of Van Gogh remains. Dissolved body. The evaporated icon. A shadow that Sam sends on its way forever. The path, an entrance, not just any one, and what is important, but only one of many. The colors change. The hierarchy of original and fake occasionally dissolves, gains importance again elsewhere, and perhaps remains a little irrelevant. When and where and how exactly - as a viewer, I too am constantly floating through this cosmos. Between references. On the Phantom Road again. I meet Sam for the first time on the evening of an exhibition opening at anonymous. In one hand an umbrella, still dripping over the shiny gallery floor, and in the other a large, elongated, white cardboard box with a glued-in handle. Long black coat and only slightly orange-tinted glasses that are hardly sunglasses. In the box made exactly for this purpose, the small hand-copied and glued book for the exhibition. There is an embossing stamp in silver foil and small cords that close the Leporello, other small stamps for numbering and logos and so many really lovingly crafted details I have not seen in art for a long time. Sam's studio is located on the corner of Canal Street and Walker, right above the Canal Street Subway Station. China Town. I think this is important, another point or entrance in the cosmos of Sam's work. The many small, highly specialized stores that still exist here, restaurants, snack bars, but above all the small to very small, often somewhat hidden artisan businesses. Flower stores, strange electrical stores, fortune tellers, the print shop where Sam has his embossed business cards printed, and Canal Plastic. All around are street vendors with Gucci, Prada, Louis Vuitton and Marc Jacobs handbags. Plus the certificates of authenticity, elaborately designed by anonymous designers, which nevertheless indicate everything but authenticity and are still lying around when the street vendors have already called it a day. “Les canaux speciaux prodults - Special commdictory”. Detailed QR codes, hyperlinks that hardly lead anywhere, small, almost official logos, additionally stamped trying to indicate even more correctness and importance. The certificates, which no one ever wants with their fake handbag, are collected by Sam and overprinted to create new paintings. Even more elaborate, with a motif from a memorial service card for Van Gogh's funeral. The name Van Gogh under the crooked sunflower, replaced by his own, Farrier, and as an invitation card to the exhibition. Art is for the living. Great ephemera. Me and objects and beauty. Just as Canal Street, an important part of Sam's artistic life, is always inscribed in his work, so too are the other parts of Sam's life inscribed in his work. The years of his life spent in Asia, the studio as an ex-lawyer's office with the two huge desks and with the possibilities provided by the building to install more or less cryptic signs wherever the other companies put up their signs and signposts. His apartment, the Sky Palace, is actually an extension of his studio, a field of experimentation to finally blur the boundaries between life and art. In Sam's studio there are plastic bags sorted by color and a large color copying machine like in large workspaces. Sam copies pages of Les Faux Van Gogh and rebinds them as a book. Each edition has its own misaligned pages and black margins and the occasional copied finger pressing the original book onto the copier's glass. The original is long out of print and expensive, but of course I think the photocopied book is even better. The original is long out of print and expensive, but of course I love the photocopied book even more. A photocopied index that explains to me in French, in black and white but copied in color, how I could actually recognize a fake Van Gogh - that is, his, perhaps hermeneutic way of working, always the same landscape, always the same Van Gogh, going around one thing again and again and again in order to be able to see something new, to be able to learn something new again and again, because everything changes, because we are always changing, because perhaps that is exactly what making art means, so the same few flowers painted over and over again, painted anew, again and again, according to the impressions of the day and the shifts in time, today more coarse blue, tomorrow more fine yellow, a strong yellow that continues to fade slowly. Next reference pile: Impressionist yellow. Plastic sun that can be found in the bags. Ideas of a man-made future. But which are already fading again. Always have been. With Van Gogh, perhaps intentionally. Unlike the plastic future. A hand in things to come. Shaping another sun. Always the same sun. Also Byung-Chul Han - Shanzhai: Deconstruction in Chinese copied and reproduced by Sam. A book, unlike the faux van Gogh, new and easy to order directly from Amazon, delivered tomorrow if I want it. Here, too, the typical scanned black void which has surrounded the book on the copier as a 3-dimensional object. The greasy smoothness on the freshly printed pages, as only color laser printers can achieve, the somewhat rough spine of the handmade adhesive binding, and the cover that has been slightly torn again after it was pressed because some of the glue has nevertheless leaked out. More references. The last picture Van Gogh painted shows only intertwined tree roots. In Sam's version as one of his Plastic Bag Paintings, the edges of the plastic bag shreds melt together to form roots; leaving recognizable things, leaving entrances, long paths, shadows, complex systems. They are framed by overflowing research, with original frames or destroyed, lost ones - presumed and attributed frames; always locating the past and the remains of the future in the polyphony of art and life.

Jan Erbelding, 2025
(Translated from German by the Author and deepl.com)


2022
Text, Lesung @Radio Cashmere
→ listen online: Entgleisung #9 mit Jan Erbelding

GAS, oder eine kontinuierliche Reise in zehn Entgleisungen, ein experimenteller Kollektivroman, geschrieben von 10 Autor:innen über einen Zeitraum von 10 Monaten. Inspiriert vom Feuilletonroman, bei dem einzelne Kapitel nach und nach in Zeitungen und Feuilletons veröffentlicht wurden, schreibt jede Autor:in von GAS ein Kapitel, was auf die vorherigen Kapitel reagiert. Jedes Kapitel wird als Live-Lesung bei Cashmere präsentiert und ist danach als Hörbuch in der Cashmere Mediathek abrufbar. Die einzelnen Kapitel werden ebenfalls als gedrucktes Künstler:innenheft zu Verfügung stehen, welche Markus Ernst Stein in Zusammenarbeit mit den Autor:innen in unserer hauseigenen Kopierwerkstatt gestaltet. Der Roman kann so nacheinander oder als in sich geschlossene Teilstücke eines sich entwickelnden Ganzen verfolgt werden.

mit:

Verena Buttmann, Jan Erbelding, Sophia Eisenhut, Heike Geißler, Daniel Gottlieb, Jackie Grassmann, Max Grau, Olga Hohmann, Romy Rüegger & Annette Weisser

Projektleitung & Konzept: Daniel Gottlieb and Jackie Grassmann






2022
Simone Weil Fanboi Text → Fanzine – 56 Seiten, 1/1c Indigo-Print, 2022
Text und Gestaltung: Jan Erbelding
Lektorat: Jonas Münch
    order fanzine here

Simone Weil Fanboi Text → Audio – 1:25 h, Stereo, 2022
Sprecherin: Natalie Brück
Studio und Schnitt: Natalie Brück

→ listen online: Simone Weil Fanboi Text (Auszug)



Auszug        

[…] und ich bin begeistert und distanziert, bin angetan, beeindruckt, verfallen, außer mir teils, einzelne Sätze, ganze Abschnitte, bei denen ich immer wieder still lesend sehr laut und plötzlich in den leeren Raum rein schreien musste, weil wtf, wie krass!, bin genauso ablehnend, verschreckt, für immer ambivalent verstrickt, komm mit, lauf weg, schwer auszuhalten an einzelnen Tagen, das oft wenig humorvolle Schreiben, diese teils so nervige Strenge, diese kaum aushaltbare Härte gegen sich selbst, gegen ihren Körper, diese seltsamen Reinheitsvorstellungen – keine Abschweifungen, Ausschweifungen, Exzesse, Träume, wtf, warum?
Trotzdem wird ihr Schreiben Denken, soziale Utopie, Mystik und Philosophie, immer wieder durchweht von Splittern großer Zärtlichkeit und Schönheit, immer wieder die Widersprüche betonend, die Gewissheiten verlassend, über die Grenzen drüberraussteigend, sich auf das Unbekannte hin öffnend, auf die Leere hin: Niemand werden, nirgends wohnen. Die Unmöglichkeit einer abschließenden Antwort. Immer könnte alles anders sein und nie ist es, wie es ist.

[…] Verstehen wollen, beobachten wollen, spüren wollen, was Sprache macht, welcher Weltentwurf entsteht, was sich anderes aufbaut. Im Denken die eigenen Grenzen erspüren. Diese Grenze einfach versetzen, drüberraussteigen. Was nicht gedacht werden kann oder noch nicht gedacht werden kann. Dafür die Aufmerksamkeit aufbringen. Sich aufs noch nicht Bekannte hin öffnen, auf die Leere. Inkonsistenzen. Sich einfach drüberrauskatapultieren, schreibend, denkend, träumend.
Oder Musik. Singen. Tanzen. Oder was auch immer. Pflanzen. Substanzen. Atmen. Schlafen.

Die eigenen Zweifel annehmen, mitdenken, ausbreiten. Genau diese Zwischenbereiche kultivieren, die eigenen Widersprüche, Phantasien und Sehnsüchte, den Hang zum Pathos, blinde Flecken, Unwissenheiten, Unzulänglichkeiten.

Simone Weil wäre vermutlich eher nicht so ganz d’accord mit mir.

Vielleicht aber schon auch in Teilen. Nicht im Traum leben, in der Wahrheit leben wollen, ganz in der Welt sein. Drüberraussteigen wollen. Subjekt ohne Subjektivität. Selber Welt werden. Eine Sprache finden, die das Unbekannte ansprechen kann, das noch nicht Gedachte, noch nicht zu Denkende, die Utopie. Es geht Simone Weil ja meist darum, ein Arbeiten und Zusammenleben frei von Unterdrückungen zu schreiben, zu denken. Jede Form der Unterdrückung. Ein Schreiben, ein Denken, dem der Körper und die Handlung folgt, das sich daraus ableiten lässt. Soziale Utopie. Dafür eine Form finden, Methode finden, eine Sprache finden und die Wörter. Der Bruch, auf den wir zusteuern, der aber keiner sein wird, betrifft vor allem Simone Weils Hoffnung auf das Gelingen der Revolution und weniger die Unheimlichkeit einiger Wörter in Simone Weils Schriften.
Aber klar, immer kulminiert alles.
Trotzdem, wie Marcus Steinweg sagt: »Ihr Denken ist ins Antwortlose gestellt. Dabei verliert es sich nicht im Vagen.« Methodisches Denken, präzises, mathematisches, wissenschaftliches Denken, das schlicht um eine Unbekannte erweitert wird, die außerhalb von mir selber steht. Mysterium. Ja, okay. Unheimliche Wörter denken schreiben sprechen. Unzulänglichkeiten der Sprache. Aber: We know that the heavens are empty. Alles entbehrt einer letzten Schlüssigkeit.

Ja, okay.

[…]


⤷ Simone Weil Fanboy Text. Fanzine – 56 Seiten, 1/1c Indigo-Print, Din A5.
Text und Gestaltung: Jan Erbelding, Lektorat: Jonas Münch







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2022
Text für IN PRAISE OF THE DANCING BODIES
→ PAULINA NOLTE & MARIA VMIER @Galerie Françoise Heitsch
    read English version here




in praise of the dancing bodies        

Bodies nicht body. Nicht ein Körper sondern mehrere. Ein Körper tanzt, also mein Körper tanzt, der sich für sich selbst verliert irgendwo in der Masse, sich auf sich selber zurückzieht in die Bewegungen und Gegenbewegungen, in irgendwas, das auf irre Weise nicht ich ist, das aber direkt über meine Körperoberfläche entlang und von dort nach Innen diffundiert. Viele Körper tanzen und ich sehe Köpfe Arme Hände Schultern und restliche Oberkörper. Wie mir diese Wärme fehlt und wie mir manchmal diese tanzende Masse als beschützende, behütende Menge fehlt. Ihr Schweiß und die Gerüche, die zufälligen Begegnungen, Blicke, Berührungen. Die Vorstellung einer Masse an Körpern vor meinem inneren Auge, von der Sehnsucht gerendert, der Sehnsucht nach Nähe und Gemeinschaft, nach tanzender Individualität in einer Masse an eine Masse angeschlossen, die so sehr nicht Ich ist, in der sich alles verliert und wiederfindet. Die Ortlosigkeit emotionaler Überwältigung – umfassend. Was sich um mich legt, was immer ist.

In Praise of the Dancing Bodies.
Ausschweifend, überbordend, Vielsein.

Barock
Antimodern

Wir lachen natürlich auch bisschen, googeln Barock und finden das doch ziemlich passend.

Barock. Vielleicht weil eh momentan alles zuviel scheint. Seit Monaten hab ich das Gefühl jetzt dann gleich müsste der Punkt kommen an dem sich das dann auch äußern kann, dass alles für mich, sich um mich mehr und mehr anhäuft, noch mehr wird, überhandnimmt und so wie in Filmen, warte ich auf eine Welle oder Explosion oder wie in der Musik, warte ich darauf, dass der Bass Drop kommt, der Synthi den höchsten Punkt erreicht und von dort aus dann endlich die Ahnung zerhaut, diese in Bestätigung wandelt – farblich, klanglich, alles; physisch psychisch sichtbar spürbar und dem Vielzuviel greifbare Form verleiht. Ich wünsch es nicht, aber ich sehe auch nichts. Alles wird nur mehr und mehr, häuft sich an in mir um mich, und alles scheint dabei wie immer.

Barock. Vielleicht weil der Begriff die eigenen Widersprüche auch schon einschließt. Wie viele Gespräche haben wir schon zu dritt, Paulina, Maria und ich oder in anderen Konstellationen geführt, über die uns doch oft sehr eng grenzgezogen scheinende Vorstellung von was Kunst sein soll und die wir immer wieder von außen auf unsere Arbeiten übertragen gesehen haben, bis diese Vorstellung selber in uns ankam. Was genau Kunst zu leisten hat, welchen Ansprüchen sie genügen muss, was professionell sein soll. Und wie das alles zu leisten wäre. Wie zu handeln zu kommunizieren zu malen wäre. Alles innerhalb gerader Linien. Dabei die ganze Fülle an Emotionen, Ausschweifungen, Pathos und Exzessen, aller Kleinkram und all der Kitsch unseres eigenen banalen Lebens abgekanzelt und ausgezirkelt. Alles, während an den Höfen die Profite unendlich steigen. We’re the 99%. Aber klar, die Dichtkunst, die barocke wusste schon: „Der wohlgesetzte fuß / die lieblichen gebärden / Die werden theils zu staub / theils nichts und nichtig werden/ [...]“¹
Auch rome wasn’t burnt in one day. Klar.

Ich höre zur Einstimmung ins Barocke bisschen barocke Orgelmusik, skippe kurz durch sechs Lieder, entscheide mich dann nach 30 Sekunden doch für eher überladene elektronische Popmusik ohne Gesang aus den letzten zwei, drei Jahrzehnten, weil das hier muss ja für heute geschrieben werden.

Kein Zurück – alles wird nur immer mehr. Barock als emanzipatorisch gemeinte Behauptung Richtung Zukunft.

Layer und Schleifchen Schleifen Rüschen und Windungen Zwirbel und Zirkel, Rückkopplungen und überlagernde Netze, ausufernde Myzelen Rhizome Fraktale, Verbindungen Windungen Dehnungen und Deutungen. Die Katze aus Alice im Wunderland hat darauf jetzt eine sozialistische Partei gegründet. Cute. Dies und jenes, hier und da mal festschreiben, ab dann aber alles improvisieren.
Mädchenphantasiealarm! höre ich noch und die knarzenden hohlen Höhlen in denen die Augen der Moderne rollen. Das laute Knarzen ist wie so oft das Geräusch der ureigenen Angst vor diesem immer erneut, in jeder Zeit, in jeder Generation, jedes Jahr und jede Minute von außen an dich hin, dir vehement entgegengebrachten Vorschlag, doch auch mal wieder von den lange schon selbstgesetzt und mittlerweile allzu liebgewonnenen Dogmen Abschied zu nehmen. Antimodern zu sagen ist natürlich nie ganz einfach, aber es ist auch eine Behauptung, die ich gerne aufstelle und die genauso in die Zukunft zeigend emanzipatorisch gemeint ist, wie die Behauptung Barock. Sich allem wieder öffnen – nicht ohne Ausnahmen, nicht ohne Widersprüche – aber Vielem erstmal ohne Furcht. Antimodern sein, wenn Modernsein bedeutet, den Tränen abschwören zu müssen und der immer überbordenderen Fülle und den ganzen Schnörkeln und wenn Moderne bedeutet sich statt in alten Hierarchien, einfach nur in neue begeben zu müssen. No Linear Fucking Time.

Barock, Antimodern. Krumm und merkwürdig, ja sicher, das finden wir eh auch immer gut, aber sehr einig waren wir uns, wieder mal, bei der Auflösung der Genregrenzen, die dem Barock nachgesagt wird. Die Fülle an Tätigkeiten, die alle im Kunstmachen zusammenfließenkönnen.

Paulina Nolte: Performances und Videoarbeiten. Alleine (Desert of Unrest, The Half Woman Earth Theater) oder in Kollaborationen mit Anna McCarthy (What Are People For, Bloodless Boutique), mit Band, mit Chor und Bühne oder ohne – als Schauspielerin oder Musikerin oder Performerin. Rituale, Zeremonien, Feste, Blumen; Haute-Couture in der verfluchten Shopping Mall oder falsche Tränen beim Begräbnis.
Maria VMier: Zines und Texte und Gebrauchsskulpturen. Alleine oder in Kollaborationen, als Duo oder in immer neuen. Als Verlegerin für vielzählige Künstler:innenbücher (Hammann von Mier Verlag), als Kuratorin, Organisatorin von Kunsträumen (Ruine München und Lothinger13:_Florida), von Bars (Zur Einsamkeit) und von Festen – Maria, die Zeremonienmeisterin und Vorständin des großen Symposion zu Ehren des weiblich gelesenen Eros. Füllhörner gegen unsere Vereinzelung. Hier also überall künstlerische Konstellationen, die das Eingebettet-Sein und Verwoben-Sein unterstreichen, die ein Gemeinsames suchen und finden in der Kunst, in Kunst und allem was noch dazu gehören möchte. Und zwar politisch, als die konkrete Arbeit sich dem zu widmen, was man für notwendig oder wünschenswert hält², die Arbeit auch an den Bedingungen unter denen Kunst entsteht und wie diese gesehen werden kann.

We form constellations. Our bodies are never isolated, are
always enmeshed in shifting patterns of relations. Scattered
across space our selves form patterns, trace connections
ethical but unseen. They give us consistency and form outside
of our solitude. When we make our connections material our
constellations take shape, become tactile, make worlds.³

In Praise Of The Dancing Bodies.
Bodies nicht body. Nicht ein Körper, sondern mehrere. Für Sylvia Federici sind rhythmisierte Bewegungen des Körpers, oder sagen wir, Tanz, eine Möglichkeit zu einer Sprache jenseits der Sprache (zurück) zu finden, eine Sprache, die unsere Körper sprechen und die wir in den Bewegungen wieder verstehen lernen können.
Die Sprache des Körpers im Tanzen finden. Das ist genau das, was ich an den Arbeiten bei Maria und Paulina so sehr schätze. In den Malereien und Zeichnungen der beiden manifestiert sich eine Sprache (eigentlich sind es jeweils unterschiedliche Sprachen), die ich nicht so sehr über mein
Sprachzentrum, über die Worte verarbeiten kann, als über meinen ganzen Körper und seine anderen, so irre zahlreichen Möglichkeiten Wissen, Erfahrung, Kommunikation und was sonst noch herzustellen und zu speichern.


Maria VMiers Malereien sind in ihren Titeln oft als „Companions“, als Gefährt:innen oder Genoss:innen für unterschiedliche Situationen bezeichnet. „Companion in Doubt and in Failure“ beispielsweise. Die Zeichnungen sind dadurch immer auch als Begleiter:innen gedacht, als Unterstützer:innen. Was für mich eine direkte Verbindung herstellt und wodurch sich für mich das Bild vom schlicht zu rezipierendem Objekt löst und stattdessen auf seine eigenen Involviertheiten und Bedingungen hinweist und sich damit direkt sehr nett in mein Leben drängt.
Ich lasse mich ja gerne mitreißen auch von diesem crazy Fluss der Farben und den unaufhörlich sich ineinander verschlingenden Bewegungen im Bild, die dann hin und wieder doch kurz zusammenschmelzen, an Punkten sich ballen oder dort gerinnen, immer an den sonderlichsten Stellen im Bild. So strange. Oft sitzen die dann da, die geronnenen Punkte und Flächen und Flecken und sind teilweise, so vom Bildgleichgewicht her, für mich kaum auszuhalten. Farbflecken werden zu körperlichen Sensationen, zu physisch erlebten Intensitäten. Daneben und darüber geriebenes Pigment zur Tropfen und Schweifen übers Papier gezogen, schnell, so scheint es und alles mischt sich zu weiteren Wellen Explosionen auf weißen Grund. Spricht man in der Malerei von Leere? Warum spricht man überhaupt von was in der Malerei, wenn man doch die Malerei hat eigentlich? Immer habe ich das Gefühl irgendwas brennt oder stürzt ab in Marias Bildern, irgendwas schleppt sich schwer nach oben oder versucht noch zur Seite auszuweichen, aber kann nicht weg, gerät erst später im Bild dann doch ins Rutschen und Strudeln, verformt sich, teilt sich auf, verzweigt sich, bis ich mir selber wieder in den Zeichnungen verloren gehe. Es gibt die Wirbel und Wege denen ich folge, die mich reinsaugen und auswerfen und abblocken und von drinnen umlenken wieder woanders rein und rüber. Kann mich nie so wirklich ausschauen, nie fertig sehen an den Bildern. Vielleicht liegt’s weniger an mir, als dass die Bilder selber den Überblick verweigern. Das Wort Psychedelisch kommt mir in den Sinn. Die sehr großen Formate, teils als riesige Diptychen angelegt, sind zwar auch noch freundliche Companions, aber überwältigen und verschlingen mich ungefragt und vollständig. „Hi!“ und dann bin ich weg. In Marias Atelier höre ich wie der große Pinsel über die glatte Papierfläche schreibt, schwebt und streicht. Blau und Schwarz. Orange und Grün und Schwarz und Türkis. Maria tanzt über die Bilder, sitzt auf den Bildern, läuft über die Bilder, solange bis die Bewegungen in ihnen nicht mehr aufhören.

Die Zeichnungen von Paulina Nolte verschlingen mich weniger, als dass sie mich immer tiefer in ihren Kaninchenbau an Details reinlocken. Ein labyrinthisches Verirren ist das eher. Mit jedem konzentrierten Blick tun sich wie bei Fraktalen an den Rändern immer wieder neue Felder Figuren Formen auf, wechseln zwischen abstrakten leicht vernebelten Flächen und einer immer wieder so arg versteckten Figürlichkeit, dass ich beginne an meiner eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. Alles wuselt, drängt und quetscht sich. Immer wieder zwängt sich was ins Innere des Bildes hinter das Papier oder presst sich aus dem Bild raus, zurück auf die Oberfläche. Organisches mischt sich mit Geometrischem. Es gibt nicht erkennbare, aber tanzende Buchtaben, Buchstaben die niemand kennt, Buchstaben in einer Sprache geschrieben, die uns unbekannt ist, einer Sprache die auch der Künstlerin unbekannt ist, Buchstaben die jetzt nur noch Form und Bewegung sein dürfen. Ihr seid frei jetzt! Buchstaben, die auf was verweisen, das jenseits unserer Ratio liegt, Buchstaben die etwas bezeichnen, das wir noch nicht wissen können, Buchstaben, eine unbekannte Oper singend, angeschlossen an etwas, das sich in die Zeichnungen gibt ohne erkennbar zu sein. Daneben gibt’s aber doch auch immer voll erkennbare Schleifen und Totenköpfe und Penisse. Es gibt Brüste und Fratzen, gruselige Tiere, Rüschen, Knorpel, Knochen und Blumen. Und Penisse. Aber vielleicht liegt das an mir. Von Rorschach ausgetrickst und dann von Freud verhaftet. Klar ist alles schon auch bisschen teeni-mäßige Symbolik, düster und traurig und sexy, hier aber im besten Sinne einer Verweigerung, die eigenen Fantasien und Sehnsüchte, die eigenen seltsamen Träume, Ängste und Lüste, als erwachsene Person, einem bürgerlichen Verständnis von Erwachsen-Sein gänzlich zu opfern oder diese diesem auch nur zu verheimlichen. Wir sind antimoderne Träumer:innen und Lüsterne, unser Leben ist nicht banal, sondern unser banales Leben ist politisch geworden. Dazu kommt in Paulinas Arbeiten immer auch eine sehr humorvolle Ebene, eine groteske und klamaukige teils, die dann schließlich doch aus der Darkness heraus leuchtet, bis beide (Light und Darkness) Paulina als „the warrior of feelings“ feiern.

In Praise of the Dancing Bodies zeigt als Ausstellung zwei großartige Künstler:innen, denen ich als Fan schon lange begeistert folge. ihren Ausschweifungen und Verschachtelungen. Dem Gang durch die unterschiedlichsten Level von Intensitäten bei Paulina in ihrer performativen und musikalischen Praxis. Die Arbeit an den unterschiedlichsten Level von Intensitäten in Form von Gemeinschaften und Räumen bei Maria VMier auch als konkrete politische Arbeit. Und natürlich folge ich immer extrem gerne der ekstatischen Arbeit beider Künstlerinnen am Bild, welche für mich, auch wenn ich mich immer gerne verschlingen und verirren lasse, nie getrennt von den anderen Tätigkeiten der Künstlerinnen zu begreifen ist, sondern immer als weiterer Ausdruck einer umfassend emanzipatorischen Praxis Richtung Zukunft. Als Betrachter:innen dürfen wir dabei, als immer schon Verwobene, zu Companions werden, in Doubt and in Failure, in dieser unserer aller Desert of Unrest.

Anhang
¹Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau. Vergänglichkeit der Schönheit, in: Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Tübingen, 1961.
²Michael Hirsch: Kulturarbeit. Hamburg, 2022.
³o.A. Friendship as a Form of Life. Issue two, 2016 in: https://friendship-as-a-form-of-life.tumblr.com/ (abgerufen 21.01.2022)

Quellen, sonstige
– Unicum. Die wichtigsten Merkmale des Barock. Todessehnsucht, Carpe Diem und Dreißigjähriger Krieg, 2019 in: https://abi.unicum.de/abitur/abitur-lernen/barock-merkmale (abgerufen 21.01.2022)
– Sylvia Federici. Beyond the Perifery of the Skin. Rethinking, Remaking and Reclaiming the Body in Contemporary Capitalism. Oakland, 2020.
– Kerstin Stakemeier. Entgrenzter Formalismus: Verfahren einer antimodernen Ästhetik. Berlin, 2017.


2022
Text für DANCING TANGERINE TANGO
→ NATALIE BRÜCK und CAROLINE STRECK @Künstlerhaus Sootbörn



Dancing Tangerine Tango        

1)
Dancing Tangerine Tango, spreche ich laut gegen den Bildschirm von meinem Laptop und tippe die Wörter dann anschließend recht geräuschvoll ins Eingabefeld meiner Suchmaschine ein. Die Suche mit der ich suche, gibt mir vor allem Dancing Tangerine Tango als Ausstellungstitel einer Duoshow von Natalie Brück und Caroline Streck im Künstlerhaus Sootbörn in Hamburg aus. Fünfter bis zwanzigster November. Eröffnung am 04.11. Von hier aus ist das Zukunft. Gut gemacht kleiner Roboter, Sie haben ihr Ziel er-reicht. Sonst zeigt das Ergebnis noch einen Online-Shop, in dem mir verschiedene Texti-lien angeboten werden, die mit übernatürlich fröhlichen, breit-grinsend Tango tanzenden Tangerinen bedruckt sind. Von der Darstellung her ziemlich klassisch, überdreht personifiziert psychedelisches Obst. Na gut, denke ich – hier war ich auch vor 0.000004632 Sekunden schon und schließe zögerlich mit großer Geste alle offenen Tabs.

Ich bin erstmal lost. Ich hatte gehofft, oder ich hatte vielmehr erwartet, sowas wie einen ersten Wegweiser zu finden, etwas das mir sagt, wo das herkommt der Titel und wo der hingeht, dazu die ganze Historie vielleicht und die ganzen Zusammenhänge, aktuelle, zeitgenössische Beziehungen, Verortungen, Theorien und Diskurse. In stabilen Verbin-dungen von hier aus dann alles ausformuliert. Eingabe, Ausgabe, Annahme, Übernahme – aber, nein nichts. Ich konnte schon kaum rausfinden was überhaupt eine Tangerine sein soll, außer, dass das eine Frucht ist, die weder Mandarine noch Orange ist, aber beidem schon sehr, sehr ähnlich schaut und hier jetzt also zu tanzen beginnt, mit mir schon fast, mich dabei sehr bestimmt an der Hüfte fasst, und also herstellt, einen Schwebezustand zwischen was, das ich kenne und etwas das mir völlig Unbekannt ist, und dabei lächelt aus einer Wolke raus wie Cheshire Cat, und also doch dann dadurch sowas wie eine Richtung vorgibt, auch wenn ich Tage, fast Wochen dafür gebraucht habe genau das zu bemerken, dafür, genau das rauszufinden, was das ist, das das das ist, die Richtung, grobe Richtung zumindest, und dass das oder dass die eben nichts Konkretes sein kann, dass eine Lösung darin liegt durch den Titel selber hindurchzugehen um dann umfassend genüsslich lost zu sein, also selber sowas wie der Tangerine Traum zu werden, von sich ausgehend, von mir ausgehend zunächst oder von dir zunächst, was sich von dort aus auswachsen wird, von selber eh noch mehr, immer, es kann gar nicht anders, und hat es eh schon getan, und von dort aus in unendliche Richtungen – es ist o.k., wir folgen schwankend, ich bin die Interpretationsmaschine und also, Dancing Tangerine Tango.

2)
Ich entscheide mich – ganz weil Widersprüche leben – zumindest in der Struktur des Tex-tes doch erstmal dagegen jetzt mit euch schon sofort der Tangerine Traum zu werden und krame ein Buch aus dem Regal. Eigentlich musste ich da schon sofort nach einem ersten Blick auf die Arbeiten von Natalie und Caroline dran denken. In ihrem ziemlich berühmten und sicher millionenfach in Ausstellungstexten zitierten Essay „Against Interpretation“ spricht sich die Autorin Susan Sontag gegen die ihrer Meinung nach große Unart zeitgenössischen Kritiker:innentums aus (1966) und vor allem gegen die damit verbundene, von ihr als mindestens aggressiv bis gewaltvoll empfundene Interpretation von Kunst. Die Worte der Kritiker:innen, Interpretator:innen, so Susan Sontag, trennen den Inhalt von der Form ab, geben letzterer eine eher beiläufige Bedeutung und überhöhen den Inhalt oder den Inhaltsbegriff so stark, dass damit exponentiell der Wunsch nach einem Inhalt in der Kunst steigt und am allerschlimmsten: sich die Annahme, dass es das überhaupt gibt, den Inhalt eines Kunstwerks, für immer in den Köpfen der Betrach-ter:innen als eine unumstößliche Wahrheit einschreibt. Dabei ist das aggressive oder gewaltvolle für Sontag vor allem die Annahme von einem Verborgenen in der Kunst, das von der Kritiker:in (und eigentlich auch von der Betrachter:in) nur freigelegt werden muss. Es geht ihr nun auch nicht nur um die reine Erfahrung von Kunst. Verkürzt gesagt stört sie (und mich ja auch) hauptsächlich die Vorstellung von Inhalt als 1 Richtiges. Der Inhalt. Die Annahme von etwas, das immer schon im Kunstwerk enthalten war, immer schon da ist, etwas das genau dieses eine Richtige ist, 1 Inhalt – einer der unter den Formen freigelegt und aus der Kunst heraus-interpretiert werden kann. Sontag basht noch im Vorbeigehen Siggi Freud, bei dem sie einen ähnlichen Ausgestaltungswahn durch Interpretationen in Richtung einer einzigen, vielleicht sogar universellen, wahren Deutung, sieht. Der eine Typ, der dir erklärt was Sache ist, während du denkst, fuck irgendwas stimmt schon wieder nicht mit mir, weil ich hab’s schon wieder falsch interpretiert. Klar, das war 1966 und viel ist anders heute und öfters denke mir beim Lesen von so Galerie-text eher, oh Wahnsinn, wie viel Inhalt und Diskurs kann so Kunst eigentlich auf einmal. „Interpretation ist die Rache des Intellekts an der Kunst“, schreibt Sontag, „Mehr Noch. Sie ist die Rache des Intellekts an der Welt“. Ich muss natürlich bisschen Lachen, weil der Satz sehr gut klingt und dabei so arg schön rigoros ist. Ich bin auch mit der Annahme von Sontag einverstanden, dass die Interpretation durch Kritiker:innen, also das Rausschälen von der einen richtigen Interpretation, die Kunst zähmt und einhegt und kleinredet vielleicht. Ich versuche ihre Aussagen in die Gegenwart (2022) rüberzuziehen und ganz ge-lingt mir das nicht. Ich mag natürlich auch manche Texte die sich die besprochenen Ar-beiten einfach als Ausgangspunkte nehmen und ab dann selbstständig machen. Überin-terpretation. Gibt es eine zärtlich, freundlich, wertschätzende Form von Interpretation frage ich mich, und denke aber ja, eigentlich keine Frage.

3)
Etwas knackt und säuselt und bitzelt. Organisch, ganz klar. Ich erkenne einen Mund der die Geräusche macht. Sehe ihn aber nicht. Kann mir kleine Bläschen auf den Lippen vor-stellen, höre die Laute, hohe, spitze, ein weiches Klicken, Glitschen, immer wieder. Ich sehe Videobilder von etwas, das ich weiter nicht richtig zuordnen kann. Ich muss mich von Zuordnungen verabschieden. Ich muss mich von 1 Richtig verabschieden. No One Belongs Here More Than You. Also du. Oder auch ich. Mein Ich, mein interpretierendes Ich, mein jetzt unaufhörlich interpretierendes, sich immer wieder von neuem orientierendes Ich, versucht sich zurecht zu finden und nimmt alles dafür als Anlass – alle Wörter, jeden Satz, jede Andeutung, erkennt Gesichter in weicheren Formen oder Landschaften dort wo immer sich Horizonte andeuten. Alles nur Mögliche und Unmögliche greift sich mein Gehirn als Anker aus den abstrakten Bildern. Es gibt auch klar erkennbar Rosen-blätter und grüne Wiesen und langsam schwebende Nebel – irgendwie künstlich und von einer digitalen Kühle umweht und dabei so definitiv analog und organisch in ihrer Hap-tik. Ein bisschen so, als hätte Natalie in ihren Videoplays die Anmutung von 3D-Animiertem mit analogen Mitteln im Atelier nachgebaut. Was die Suche nach Halt in meinem Gehirn nur mehr verstärkt. In mir weiter immer wieder wilde Rückkopplungen – zu was ich gesehen habe, gehört habe, kenne, weiß. Parts. Words. „Sie berühren sich / bewegen sich / weiter / deuten / … es bewegt sich / um mich rum / ich bewege mich mit / …“. Nachdem ich erst noch versuche Wege und Richtungen auszuschließen und alles in mir zusammenkneife um schärfer oder besser begreifen zu können, lasse ich mich auf alles ein, was mein Gehirn so produziert und in mir rumprojiziert. Der Tangerine Traum werden. Die Interpretationsmaschine läuft. Momentan ist gut, momentan ist richtig. Ir-gendwann kann ich mir dabei zuschauen, wie ich alles Eingegebene verarbeite, wie diese Erfahrung der Kunst von mir währenddessen interpretiert wird und wie diese Interpretati-on wiederum zur Erfahrung selber wird. Verdoppelte Distanzen, mehrfaches Außen. Sehr direkt alles. Ich vermute, dass es Natalie beim Schreiben ihrer Texte und Machen ihrer Videoplays genauso geht. Oder vor allem dann, wenn sie einen Satz findet, im Sprechen, im Hören und diesen immer wieder laut aufsagt bis sich Gehörtes und Gesprochenes, Gesagtes, Gemeintes ziemlich seltsam kontinuierlich weiter verschieben.

Sich selber beim Beobachten Beobachten können, dabei direkt erfahren wie die Beobachtung das Beobachtete ändert. Etwas produzieren um das Produzierte sofort wieder zu Konsumieren um das dann direkt wieder in die weitere, erneute Produktion einzuspeisen. Ewiger Wechsel von Bedeutungen. Der irre menschliche Vorgang allem für immer Kontingenz andichten zu wollen. Und dem fasziniert hinterherschauen wie Schleifen von Rauch über künstlichen Wiesen. Ein Schweben über den Bedeutungen. Die Erfahrung der Interpretation am eigenen Körper. “A form of shakiness / as well as stability.”

4)

Alle Strahlen laufen auf das Zentrum zu und sehr wahrscheinlich von dort auch wieder zurück again, in das was nicht Zentrum ist, über was das Peripherie sein könnte, es aber nicht ist, so wie die ganze Symmetrie kein bisschen symmetrisch ist, weil die immer wie-der gebrochen wird von noch dickeren Pinselstrichen auf der Leinwand um das gebro-chene symmetrisch Abstrakte noch realistischer gebrochen abstrakt symmetrisch zu ma-chen. Ich mag wie auf den Bildern, den Malereien von mir aus alles, alle Form und Inhalt, am Beginn meiner Betrachtungen noch in die Lücken der „messy“ Formen schmilzt und ich spüre wie sehr befriedigend es wohl sein muss, die dicken Striche Acrylfarbe auf die unter dem Druck der Berührung wahrscheinlich leicht nachgebende Leinwand aufzutragen. In der Ausstellung würde ich die Bilder heimlich berühren wollen. Nur mit ausgestrecktem Finger kurz. Striche ganz klar & breit, Formen ganz klar & schlicht, die alle an den Rän-dern verschwimmen, sich anlösen, auflösen, die zerfließen – noch mehr wenn dann Stella auftaucht, mal eben kurz im Titel und in bewusster Imperfektion nebenbei mitübermalt wird. Nicht nur geschichtlich gesehen denke ich. Illusion von Gradlinigkeit. Statt streng abgegrenzter geometrischer Formen und Körper, jetzt die Männermalerphantasien aufgeweicht und transparent geworden und durchlässig verflüssigt für die angrenzenden Farben und Linien. Gelb um die Mitten, Grün am einen Rand und beide Farben machen die Rosas insgesamt noch rosaner und im Zentrum ein helleres Blau. Meine Interpretationsmaschine gerät an ihre Grenzen. Loops und Erlösung. Happily Ever After. Ich erkenne transzendente Referenzen, vielleicht meiner aktuellen Umgebung geschuldet und mir höchst willkommen. Was sich also grade noch in Gleichgewichten auf und innerhalb der Leinwand bewegt hat, wird plötzlich, mehr noch zu Richtungen und diese Richtungen, genau wie deren Deutungen verlassen irgendwann die Ränder der Malerei. Statische Formen nur mehr eine Illusion der eigenen Wahrnehmung. Ich weiss nicht ob es um Mystik, um innere Erfahrungen, Ekstasen geht. Caroline bewegt sich in Richtung eines Nicht-Sichtbaren, in Richtung eines Sowieso-Nicht-Darstellbaren und wir bewegen uns mit über die Ränder drüberraus. „Du bist Malerin und Instrument zugleich, die Grenzen zwischen dir und deinem Objekt verschwimmen, spiegeln, bekämpfen sich.“, sagt Amy Sillman und was sie hier auf die Abstrakte Malerei bezieht, kann schon auch für die ganze Interpretationsarbeit gelten, wie ich finde. Wir treten ein in den „intimen und unangenehmen Prozess der Verände-rung von Dingen, während sie schiefgehen, unangenehm aussehen, während man sich mit ihnen auseinandersetzen muss“. Nicht mehr nur die Formen innerhalb des Rahmens, auch die Bilder, die Malereien, die Arbeiten selber werden entgrenzt und wir als Betrach-ter:innen gleich mit. Es geht um mehr als das was wir zu sehen bekommen, auch wenn wir genau das nicht exakt bestimmen können, immer. „Who is Stressed Out the Most“ wirkt für mich da nochmal sehr viel direkter als die Malereien. Hier wird sofort, klar, welches Außerhalb abseits des Bildes angerufen wird. Es geht, heute vielleicht mehr noch als um 1966 zur Zeit von Sontags Essay „Über Interpretation“, auch um die Bedingungen unter denen Kunst gemacht wird und gezeigt wird und nicht gezeigt wird – die Hierarchien und die vielfältigen Zugangsbeschränkungen und Ausschlusskriterien, die PayGaps und Burnouts und falschen Versprechen.

5) Und genau das ist es, diese Direktheit, was den Tangerinen Traum wieder für – was auch immer Realität sein mag – öffnet. Immanente Transzendenz. Sich öffnen muss, meiner Ansicht nach. Das was der Interpretationsmaschine ihr eigenes In-sich und Aus-sich-selber, als zwar Notwendiges, aber auch als 1 Begrenztes aufzeigt – als nur eine Lesart unter vielen parallel existierenden Lesarten. Ich tanze mit Außerhalb. Auch die freund-lich forcierte Durchlässigkeit der eigenen Bubble durch die Künstler:innen, bedeutet das Ende von 1 Richtig. Ich weiß immer noch nicht genau was Tangerinen sind. Die Notwendigkeit sich selbst als Teil eines unendlichen Beziehungsgefüges zu begreifen – als ewig beeinflusst und vor allem als unabgeschlossen. Ich überall unscharf an den Rändern, sich auflösender Körper, werdender Körper. Unwissenheiten als Transparenzen. Eine nie stillstehende, alles immer vereinnahmende, ewig eingebende Interpretationsmaschine. Achterbahn der eigenen Gefühle und des eigenen Wissens, wildes hin und weg, einsam teils, aber eben genauso umschlungen mitgerissen von allen und allem – Zärtliche Interpretation – also, Dancing Tangerine Tango.






2022
Ausstellungstext zur Ausstellung release the joy @house of spouse
→ mit Stefan Fuchs, Jakob Gilg, Getrude Honzatko-Mediz, Paulina Nolte, Roberta Di Paolo, Maria VMier

→ see more of the release the joy exhibition documentation above



release the joy        

1) Release the Joy
Release the Joy ist als Titel dem 90er-Jahre Ambient House Projekt „Opus III“ und genauer, deren ersten Album ›Guru Mother‹ entlehnt. Etwas sanfter noch und weicher als das erste ›Mind Fruit‹ wabert ›Guru Mother‹ noch ätherischer, der technoide Sound ist noch etwas zurückhaltender und bleibt trotzdem auch irgendwie weiter Dancefloor tauglich, aktiv drängend und schnell und super chill und weird spacig, alles gleichzeitig.

2) Die These
Seit paar Jahren schon arbeite ich zu einer These Mark Fishers, die er, wie ich irgendwann feststellen musste, so gar nicht aufgestellt hat. Kann sein, dass ihr das schon mal von mir gehört habt. Also diese These, meine These, die missverstandene These, Mark Fisher These habt ihr vielleicht schon mal, also weil ich hab das aus meinen ›Gustav Landauer Fanboy Text‹ rauskopiert und hier noch mal rein gepasted hab, in Teilen zumindest, also weil das als einer der Ausgangspunkte auch für diese Ausstellung hier verstanden werden kann. Zwar hat die Zeit immer mal was angebaut oder abgesplittert, aber noch immer ist mir diese These wichtig. Wichtiger als das wabernde spacy ambient house. Our house is an ambient house. Es geht auch immer viel um Stimmungen, klar. Bei der These, die ich zuerst bei Mark Fisher missverstanden habe, geht es grob gesagt um Psychedelik oder Psychedelisches, um die 68er Revolution, um sexuelle Befreiungen, und verändertes Bewusstsein. Es geht um die Frühromantik und das Aufbrechen bürgerlicher Werte, es geht um die Entfesselung der Fantasie als Motor für Veränderung. Es geht um Utopien und Emanzipation, es geht um Halluzinationen und ein Zersplittern der Wirklichkeit, es geht darum wie Outerspace und Abgespacetes helfen können, doch irgendwann dem zu entkommen, was Mark Fisher „kapitalistischen Realismus“ nennt. Damit meint er das Gefühl „dass der Kapitalismus das einzig gültige politische und ökonomische System darstellt,“ und „dass es mittlerweile fast unmöglich geworden ist, sich eine kohärente Alternative dazu überhaupt vorzustellen." Fisher sieht aktuell – also eigentlich in den 2010er Jahren, aber hey – aktuell also, arg prekäre Bedingungen, um wieder zu etwas Neuem zu kommen. Mit zu Neuem kommen meint Mark Fisher, zu einem Ende des Kapitalismus und damit zu alternativen Formen, des gemeinsamen Wirtschaftens und Zusammenlebens. Und klar, so hab ich‘s verstanden, deswegen brauchen wir die Fantasie, die Psychedelika, den Rausch und den Irrsinn, die Ekstasen, die Illusionen, Visionen, Fiktionen, alle Einbauten, Umbauten Verzerrungen, Glitches und Zerschredderungen herrschender Wirklichkeit, um wenn auch nur für Augenblicke zumindest minikleine Splitter eines anderen, solidarischen Gesellschaftssystem überhaupt auch nur wieder denken zu können. Genau da setzt Fisher an, dachte ich. Natürlich auch vor allem weil ich Künstler bin, und ja genau auch das mache, oder machen will und genau auch das schreibe oder schreiben will und das wie ich finde, eine ganz gute Arbeitsgrundlage ist. Die These. Die wie ich festgestellt hab, auch nicht nur bei Mark Fisher zu finden ist. Was natürlich ein bisschen die ganz attraktive Story vom Missverständnis als Ausgangspunkt etwas schmälert. Aber Splitter lösen sich und Splitter bauen sich an. Alles wabert, irgendwas zerbricht. Nichts bleibt sich gleich. Am direktesten hab ich neulich erst die These bei Ruth Levitas in ihrer Publikation „Utopia As Method“ wiedergefunden. Auch sie argumentiert für das Denken über bestehende Realität raus. Auch sie argumentiert dafür, sich den Verzerrungen und Träumereien und Sehnsüchten hinzugeben. Go utopian thinking! Sie schreibt: „…[utopian thinking] provides a critical tool for exposing the limitations of current policy discourses about economic growth and ecological sustainability. It facilitates genuinely holistic thinking about possible futures, combined with reflexivity, provisionality and democratic engagement with the principles and practices of those futures. And it requires us to think about our conceptions of human needs and human flourishing in those possibilities. The core of utopia is the desire for being otherwise, individually and collectively, subjectively and objectively. Its expressions explore and bring to debate the potential contents and contexts of human flourishing. It is thus better understood as a method than as a goal […]” (vgl. Ruth Levitas – Utopia As Method. S. xi) Levitas spricht, in dem zugegebenermaßen eher kurzen Ausschnitt in Utopia as Method, den ich bisher gelesen habe, viel über Ernst Bloch und seine Theorie, dass es einen, wie er sagt, Überschuss im menschlichen Bewusstsein gibt. Utopisches Denken ist für Bloch nicht einfach spinnerte oder esoterische Träumerei von Zukunft – für Bloch ist dieser Überschuss integraler Bestandteil des Menschen und dieser Überschuss findet seinen Ausdruck unter anderm eben in sozialen Utopien, in Kunst oder Musik und eh immer in Träumereien. Mehr weiss ich nicht über Bloch, als diese paar wenigen Zeilen. Und kurz gegoogelt scheint er bisschen das Schicksal einiger Denker:innen zu teilen, die sozialistische Gesellschaftsstrukturen ohne den Strudel des Kollektivs denken wollen, die ein utopisches, träumerisches Denken vorschlagen und die dafür jetzt immer auch bisschen als verträumte Utopist:innen belächelt werden. Hier brechen weitere Splitter ab. Und hier breitet sich auch ein bisschen meine eigene Ratlosigkeit aus, der ich gar nicht mal so viel entgegensetzen kann. Es stimmt wohl, dass alle Denker:innen sozialer Utopien von der Realität, von den Tatsachen bisher als gescheitert markiert wurden. Und nicht zu vergessen, die totalitären Diktaturen, die auch alle als Utopien gemeint waren und alle Utopien, die hier und jetzt, immer noch Träume vom Faschismus sind. Nach Ruth Levitas ist für Bloch das utopisch Denken und Träumen nur der erste Schritt, eine notwendige Vorarbeit, welcher dann ein Wille zur Veränderung folgt und die konkrete Arbeit an der Utopie anstößt. Weil, klar, sonst keine Utopie. Vielleicht zeigt sich, an der Tatsachenrealität vor allem wie fragil, wie komplex eine Gesellschaftsordnung der Freiheit, Gleichheit, Solidarität auszuhandeln und aufrecht zu erhalten ist. Und um jetzt in Schleifen zu denken, wendet sich die Utopie, das utopische Denken, der Überschuss, doch genau gegen herrschende Realität, gegen eine Esoterik der Tatsachen, gegen die Realität genannte Fiktion?1 „Aporie. Es gibt zwei Wege. Du nimmst keinen von ihnen, weshalb sie dich einen Träumer nennen. Heißt das du stagnierst, oder springst du ins Reale der Ausweglosigkeit zurück?“ (Markus Steinweg – Metaphysik der Leere. S. 180) Ja zur Utopie bedeutet also auch über bestehende Geschichten und Erzählungen, Bilder, Codes und Träume drüber raus zu wuchern. Ja zur Utopie bedeutet, die Traurigkeit des Bestehenden zu umschlingen, zu überwachsen. Ja zur Utopie bedeutet feingliederig sporenhaft myzelig rhyzomige Wucherungen durch die Wirklichkeit zu bohren. Ja zur Utopie bedeutet Bestehendes einzuspeicheln, zu verflüssigen, es leckend und genussvoll abzutragen, sich das einzuverleiben, zu verdauen, auszuscheiden und das Ausgeschiedene als Dünger wieder zu verwenden. Ja zur Utopie bedeutet auch, noch mal von Steinwegs Definition der Aufgaben einer zeitgenössischen Philosophie beeinflusst, einerseits eine Begrenzung „der rationalistischen Anmaßung“, und andererseits Widerstand „gegenüber der Versuchung des Irrationalismus.“ (vgl. Markus Steinweg – Inkonsistenzen, S. 30) Und trotzdem bin ich irgendwie auch ziemlich lost. Vielleicht gehts genau auch darum.

3) Feeling so Baroco
Ich bin seit Anfang des Jahres 22 kleines bisschen obsessed mit Barock. Ich schaue mir natürlich auch viele so barocke Gebäude an, aber vor allem gibt es so eine Vermutung, dass der Begriff, als twisted Neubau, sehr gut für mein aktuelles Gefühl in der Welt zu sein funktioniert. Ein Gefühl wie gesagt, es geht auch um Stimmungen. Splitter tauchen auf und andere fallen ab, die These bröckelt und weitet sich. Die eigene Unsicherheit steigt und Vermutungen, vage Lösungsansätze tauchen an anderen Stellen auf. Linearität scheint mir immer weniger faktisch vorhanden, auch wenn mein Gehirn weiter alles dafür tut. Seit Monaten das Gefühl alles ist zu viel. Und es hört nicht auf. Seit Monaten das Gefühl jetzt dann gleich müsste der Punkt kommen, an dem sich das dann auch äußern kann, einen Ausdruck findet dass alles für mich, sich um mich mehr und mehr anhäuft, noch mehr wird, überhandnimmt, endlich den höchsten Punkt erreicht und von dort aus dann endlich die Ahnung zerhaut, die ewige Steigerung abbricht, diese in Bestätigung wandelt – farblich, klanglich, alles; physisch psychisch sichtbar spürbar und dem vielzu viel greifbare Form verleiht. Ich wünsch es nicht, aber ich sehe auch nichts. Alles wird nur mehr und mehr, häuft sich an in mir um mich, und alles scheint dabei wie immer. Schnitzel, Schnörkel, Pömp und Wolken, Stuck und entgegen der Zeit des echten Barock ist die Macht aus dem von überall sichtbaren Zentrum verschwunden. Was die Sonne war ist unsichtbar geworden und beherrscht uns trotzdem noch kaum greifbar in uns selber oder maximal aus unscheinbaren Funktionsbauten raus, während die Vermögensverteilung 2022 noch einseitiger zu Gunsten der Reichen ist, als zur Zeit des Absolutismus. Das barocke Gefühl. Eh immer emotional in mehrere Richtungen zeitgleich. Was soll Kunst tun und ich kann kaum was anderes als Kunst tun. Beruflich gesehen. Ich mache das. Ich bin traurig wegen der Utopien, weil wie vergeblich und ich bin hoffnungsvoll wegen der Utopien, weil, ja weil. Irgendwie machen die mich arbeiten als Künstler und irgendwie rendern die jede Arbeit als Künstler:in auch irgendwie sinnlos und dumm, weil was bringt’s. Also konkret? Und das ist okay. Barock. Antimodern. Ich behalte den Pathos und meine eigenen Banalitäten, füge Schleifen und Schleifchen und ineinander Verdrehtes hinzu. Bestimmt würden mir Deleuze und Guattari zustimmen, während ich noch die Kunstakademie Professoren rufen höre Mädchenfantasiealarm!, und die knarzenden hohlen Höhlen in denen die Augen der Moderne rollen. Das laute Knarzen ist wie so oft das Geräusch der ureigenen Angst vor diesem immer erneut, in jeder Zeit, in jeder Generation, jedes Jahr und jede Minute von außen an dich hin, dir vehement entgegengebrachten Vorschlag, doch auch mal wieder von den lange schon selbstgesetzt und mittlerweile allzu lieb gewonnenen Dogmen Abschied zu nehmen. Antimodern zu sagen ist natürlich nie ganz einfach, aber es ist auch eine Behauptung, die ich gerne aufstelle und die genauso in die Zukunft zeigend emanzipatorisch gemeint ist, wie die Behauptung Barock. Sich allem wieder öffnen – nicht ohne Ausnahmen, nicht ohne Widersprüche – aber vielem erst mal ohne Furcht. Antimodern sein, wenn Modernsein bedeutet, den Tränen abschwören zu müssen und der immer überbordenderen Fülle und den ganzen Schnörkeln und wenn Moderne bedeutet sich statt in alten Hierarchien, einfach nur in neue begeben zu müssen. No Linear Fucking Time.

4) Release the Joy
Als Ausstellung war das nicht unbedingt der Versuch den Thesen oder dem was ich sonst so in meinen Texten schreibe noch eine Bildebene hinzuzufügen. Ich will keine Beweisführung antreten, sondern wollte vor allem nicht alleine sein, wollte andere Stimmen, die was anderes sagen – nicht unbedingt das Gegenteil der These, und nicht unbedingt mit Sprache. Andere Stimmen in der Ausstellung zu versammeln, vom hier gesagten sich in entfernen, langsam in einer ganz selbstverständlichen Bewegung aufblicken, vom Text weg, von mir selber wegkommen und in andere Lesarten einfinden.

Text: Jan Erbelding, 2022


2021
Ekstase → text, sound, speakers, artist hat, 2021
→ listen online: Ekstase (29:27 min, mit Jakob Braito)


Auszug        

Ekstase.

Ich liebe diesen Begriff und schon ewig begleitet er mich mit allen seinen umgreifenden Tentakeln der Bedeutungen und seinem komplett ausschweifenden metaphorischen Energiefeld. Klar das will der Begriff so. Ein Wort, Millionen Bilder vor meinem inneren Auge. Ekstase, als sich ununterbrochen immer weiter ausbreitendes Universum der Definitionen.
Und es ist wie immer, wie eigentlich bei all den Begriffen die mich faszinieren, die mir wichtig sind und die mir eingebaut sind, in die unterschiedlichsten Stränge zwischen Schreiben und einem Erleben, zwischen einer Sprache hier und dem was mir sonst so begegnet, den Beziehungen und Verhältnissen in die ich trete und austrete, in die ich immer schon eingebunden war oder eingebunden sein werde.


Nicht die Suche nach einer möglichst präzisen Definition, nicht die Suche nach einer Essenz, einem möglichst festen Kern und keine der greifbaren Bedeutungen fasziniert mich, sondern eben genau all das, alles was mit gemeint ist, alles was noch unbemerkt in dich eingeht, alles was im Hintergrund versteckt abläuft, alles was hier und dort überall verstreut in allen unterschiedlichen Umgebungen und Kontexten auftaucht, einfließt, mitschwingt, eine Faszination für all die unterschiedlichsten immer alle parallel existierenden, nebeneinander herlaufenden Lesarten eines Begriffs, einer Bedeutung – alle Vorstellungen Ekstase, alle Erlebnisse Ekstase, alle Wünsche Ekstase, alle Sehnsucht, Träume Versprechen, Enttäuschungen Ekstase, alle Erzählungen, alles Streben, Scheitern, alles Suchen, Weinen, Verlangen, alles Schreiben Ekstase.


Vielleicht ist das ein kleines bisschen so wie bei dem Planeten Saturn, der, für mich zumindest, auch erstmal gar nicht so sehr als Planet selber oder wegen seiner speziellen Stellung zu den anderen Planeten und genauso nicht nur wegen seiner mythologischen Bedeutung reizvoll scheint. Sicher gibt‘s noch viele andere Zugänge zur Begeisterung die mir grade unzugänglich sind und ohnehin hab nicht die leiseste Ahnung von was im Weltall so vor sich geht. Mich aber faszinieren vor allem diese großartigen Ringe aus Staub und aus Eis und dem Schutt lang schon zerbrochener Monde, die sich still und bunt leuchtend um diesen Planeten drehen. Die Ringe des Saturn. Das Zentrum, der eigentliche Bedeutungskern scheint mir, momentan zumindest, nicht so wirklich interessant. Aber klar, wie bei Saturn ist eben auch Ekstase, überhaupt nicht ohne den ganzen Bedeutungsnebel zu haben, der sich da leuchtend permanent um den Begriff herum im Kreis bewegt. Und noch viel besser, denn eigentlich ist es ja so, wenn man das ganz genau betrachten will, dann ist es bei der Ekstase wie beim Saturn und es gibt überhaupt gar keinen festen Kern. Da ist also überhaupt nur eine Art Ball aus Staub und Gas. Die ganze Bedeutungsmaterie wird durchlässig, weil sie eh schon immer durchlässig war, ist also durchlässig, zeigt sich nur mehr als Illusion einer nie ganz fassbaren, nie klar abgrenzbaren Masse, eine zufällige Ballung oder Ansammlung um ein mehr oder weniger fiktives Gravitationszentrum von Bedeutung, um das, alles inklusive der weitschweifigen leuchtenden Ringe herumschwebt. Es gibt dann keine feste Oberfläche mehr, nichts an dem sich irgendwas noch mit absoluter Sicherheit ablesen lassen würde. Alles was uns bleibt, egal ob Ekstase oder Saturn ist eine Vorstellung, eine vermutete Mitte. Es könnte sein, dass der Saturn einen festen Kern hat, aber es bleibt auch für immer die Möglichkeit eines leeren Zentrums. Es bleibt eine Anziehungskraft, die bestätigt werden kann, bleibt, wie meine Begeisterung für die Ekstase, wie meine Faszination für die Ekstase, wie meine Liebe zur Ekstase, eine irgendwie auch problematische, eine in allen ihren irren oder sanft nebulösen Ausprägungen komplizierte Liebe, vielschichtig, ausufernd, wuchernde Liebe – ein im Universum wabernder Gasball ohne festen Kern, leuchtend umkreist von Eis und Staub und zerbrochenen Monden.

Zufällig fiktionales Zentrum. Der Weg der Unwissenheit. Ekstase.

Das fassen zu wollen oder überhaupt irgendetwas fassen zu wollen oder zu können und egal was das dann ist tatsächlich ist – Ekstase – oder was das ausmacht für mich oder für dich, für irgendwen, Ekstase oder wohin wir uns auch immer wieder davon wegbewegen – und das ist eine der wirklich großartigen Abgefahrenheiten, das genau diese Unmöglichkeit auch das Ding selber hervorbringen kann. Dass in dieses Wabern und Kreisen, allem Dunst und Nebel, aller Unwissenheit und vagen Ahnungen, das es, das was es ist, das eigentliche, der eine Punkt, der berührt werden soll überhaupt, und noch mit der Unmöglichkeit von Sprache, dass das was dann also dem hier immer doch entkommt, dabei doch noch mehr wird, mehr, als Ekstase selber, als das was zwar der Ekstase selber noch inhärent, und eben genau deswegen auch das dann aber übersteigt und übersteigen muss – sich nie nur sich selber mit sich oder nie nur mit den Ringen des Saturn begnügen kann oder soll oder, – sondern das was noch drüber raus sich ausdehnt… aufbläht aufscheint dann als dieses unfassbare „noch mehr sein“ mehr als die bunt drehenden einzelnen Teilchen aus denen sich das zusammensetzt, das als ein ekstatisches drüberraus der Ekstase, des Begriffs, der Tätigkeit, der Sprache Wörter, der Geschichten, der Vorstellungen, Ahnungen, Vermutungen, Hoffnungen, Erzählungen, Phantasien, Träumen und Utopien, aller Unzulänglichkeiten Bilder Storys und wirren Telefonate an Bushaltestellen spät am Abend – das Ekstase alles was genau das ist was ich meine, was mehr ist und was sich in sich selber selber übersteigt als Begriff – der Begriff und die Suche, auch diese Suche nach diesem Begriff – immer stattfindende überall unterflächig rumkrauchelnde Suche, nie abzuschließende Suche, so seltsam so unverständlich so dringlich aber – trotzdem von hier und dort und aus den seltsamsten Ecken her angetriebene, getriebene ewige Suche, nach einer Form, einem Ausdruck der möglichen Mitteilbarkeit, oder nur nach deinem Begriff, einem Richtigeren, einem Treffenderen oder wenn das nichts taugt dann nach dem und das was der Begriff macht, also tatsächlich macht, das dann was alles wieder davon ablöst langsam, was sich von diesen Oberflächen löst, von jeder Oberfläche löst und noch ablöst von der letzten Oberfläche, auch von den Oberflächen, die wenn als latente Möglichkeiten existieren können und weiter ab davon, und ein Zerbrechen kommt, ein Zerbröckeln und wie alles jetzt verliert sich noch jede Fassbarkeit, entzieht sich mit jeder Annäherung weiter dem Verstand oder wem auch immer, entfernt sich, steht weiter immer fern von dir und fällt nie ganz mit dir zusammen oder ist und bleibt das was nie mit dir oder das was nie mit mir zusammenfallen kann und ist doch hier ganz Ekstase.


*

Wie bei vielen anderen Mystiker*innen fasziniert mich auch bei Hildegard von Bingen dieses Erlebnis des aufgelöst werden in irgendwas anderes, ein ekstatisches Erlebnis, dass sich dem Sagbaren, dem logisch Denkbaren, völlig entzieht, dass aber trotzdem wieder ein Bedürfnis danach auslöst, das Unsagbare mitzuteilen. Also ein das Bewusstsein selber übersteigendes, also nicht-rationales Erlebnis, dass dann aber immer auch doch wieder rational schriftlich oder in Bildern beispielsweise mitteilbar gemacht werden will. Ein Erleben, das sich aber auch immer entzieht, das immer nur wieder und wieder in Form von Metaphern, Symbolen, Allegorien, in Annäherungen und Verneinungen umschrieben werden kann, das aber nie vollständig, nie so dass das irgendeinen wie auch immer festen Kern treffen würde, vermittelt werden kann. Ein Erleben der Grenzen des Denk- und Sagbaren.


Zauderndes Sprechen, vage Ahnungen. Weg der Unwissenheit. Immer wieder diesen Versuch starten, das indirekt über Umwege erfahrbar zu machen, was nicht erfahrbar ist, was nicht sagbar, was nicht denkbar ist. So wie Hildegard von Bingen das dann trotzdem zu tun, sich da reinzubegeben, sich drauf einzulassen, einzusteigen in einen Fluss, in ein Fließen, sich dann davon mitreissen zu lassen und nach dem Auftauchen wieder ultraprekär mit Hilfe von Sprache, Poetik, Malerei oder einem anderen völlig unzulänglichen Mittel eigener Wahl, genau trotzdem versuchen, das direkt Erlebte, Unfassbare, Vorsprachliche, dieses eigene irre Mitgerissen-Sein oder dieses sanfte wie selbstverständliche Abhängen im Bereich der seichteren Visionen und gemütlicheren Ekstasen mitteilbar zu machen und wenn auch hyper krakelig zögerlich und in wilden Splittern. Sich also der Unmöglichkeit anzuvertrauen und diesen Versuch doch zu wagen, das Erlebte, in seiner unmöglichen Übersetzbarkeit, doch zu Übersetzen und Entsprechungen für etwas zu finden, für das keine wirkliche Entsprechung zu finden ist, sondern wie immer nur Kreise, Verzögerungen, Loops und Schleifen und Glitches vielleicht. Doch diesen Versuch einer Berührung wagen und immer wieder scheitern und das doch weiter tun wollen, sich diesem Vermittlungsding anzuheften und über ein Schreiben als eigene Unzulänglichkeit der Welt gegenüber wieder den Zugang zu einem wasimmer woimmer freizulegen. Das zu tun im Schreiben oder sonstwo in der Kunst – ein vielleicht gefriergetrocknetes poetisches Extrakt aus dem Erlebten, fragmentiert und auch nur indirekt verwandt, als erste Trittstufe einer Erstvermittlung, sowas wie ein Substrat zur selbsttätigen Anzucht weitergegeben. Was ewig sucht und niemals findet.
Weg der Unwissenheit.

[…]


2021
Text → 49.327 Zeichen
Fanzine → 48 Seiten, sw, HP-Indigo-Print auf Metapaper extrasmooth, Din A5
    Lektorat: Moritz Nebenführ
    Text & Gestaltung: Jan Erbelding
    English Translation by Ben Caton, 2024
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Auszug        

[…]
Am 30. Juli 2020 buche ich eine Stadtführung in München zu Gustav Landauer. Zu dem Zeitpunkt bin ich schon Fanboy. Im frühen Frühling zuvor hab ich schon Landauers „Skepsis und Mystik — Versuche im Anschluss an Mauthners Sprachkritik. Ausgewählte Schriften, Band 7“ gekauft. Ich habs immer noch nicht komplett gelesen, Teile davon dann aber schon sicher fünfmal oder mehr noch. „Durch Absonderung zur Gemeinschaft“, „Das Individuum als Welt“ und „Die Welt als Zeit“. Grade erst hab ich „Sprache als Instrument“ angefangen. Vor einem Monat. Oder zwei. Alles in allem große Freude, viele Zeilen. Ich muss immer wieder vorne anfangen. Vielleicht funktioniert mein Gehirn schlecht oder zu langsam. Vielleicht ist die Schule daran schuld. Vielleicht verstehe ich auch einfach wenig. Wobei, wenn mein Gehirn aussetzt, hab ich oft den größten Spaß. Und wie bei allen meinen Lieblingsautor*innen gibts auch bei Gustav Landauer eine schier unüberwindliche Lücke, die auch für immer ganz leicht unüberwindlich bleiben muss. Nur blitzhafte Ausnahmen. Wolke der Vermutung, die ich durchschritt.

Als neuer Fanboy bin ich vor der Stadtführung natürlich voll aufgeregt. Was, wenn mich die anderen Anarchist*innen doof finden? Ich hab keine Ahnung was ich anziehen soll — Sneakers oder doch die rahmengenähten Schuhe, die ich als Schuhverkäufer zur Lohnarbeit trage? Soll ich ausnahmsweise ein Hemd? Ich entscheide mich arg uninspiriert für ein klassisches All-Black Outfit und Sandalen — also wie im Sommer eigentlich immer an den heißen Tagen, an denen ich nicht zum See fahre. (Ich wünschte ich könnte öfters im Sommer an den See. Eine Revolution, die nicht auch mehr Zeit für alle am See im Sommer schafft, scheint mir sinnlos. (Tja, liebe Digitale Revolution, das bedeutet leider bisher kein Like von mir.))

Die Stadtführung trifft sich am Gustav Landauer Denkmal in der Amalienstraße 36, München, Schwabing. Die exakte Uhrzeit hab ich vergessen. Ich und M sind die allerjüngsten. Wie ich den Gesprächen entnehmen kann, kennen sich die anderen Anarchist*innen scheinbar aus dem wohl einigermaßen umfassenden Freizeitprogramm einer großen Gewerkschaft.
So schaut also zeitgemäßes Interesse am Anarchismus aus. Viel Beige und Gelb und Hellgrau und FlexFit und ich bin nicht die einzige Person, die Sandalen trägt. Wir werden tanzende Vampire föderaler Schönheit.

Das Landauer Denkmal ist eine eher versteckte, gar nicht so große Bronzetafel im backsteinernen Eckwinkel des Münchener Fremdspracheninstitut. Neben der Bronzeplatte ein großer siffiger Stromkasten. Drei Rosen klemmen noch ausgedorrt hinter der Tafel. Erst kürzlich am 2. Mai 2020 jährte sich Landauers Todestag zum 101. Mal. Mit dem Fremdspracheninstitut hatte Landauer während seiner Zeit in München eigentlich gar nichts zu tun. Der Ort ist symbolisch super prekär, wie so vieles, das versucht, die kurze Zeit der Münchner Räterepublik im Stadtbild sichtbar zu halten.
Ein erstes Landauer Denkmal, welches 1925 an seinem Grab auf dem Münchener Jüdischen Friedhof errichtet wurde, war 1933 von den Nazis zerstört worden. Der jüdischen Gemeinde wurden damals die verbliebenen Gebeine Gustav Landauers übergeben und dessen Exhumierung in Rechnung gestellt.
Nach einigen Diskussionen und ewiger Unbemühung seitens der Stadt, dem Anarchisten Gustav Landauer ein Denkmal zu setzen, fiel die Wahl 1997 eben auf dieses Eck am Fremdspracheninstitut Amalienstraße 36. Sichtbar-sichtbar, dachte man sich, muss das ja jetzt auch nicht unbedingt sein. Und Sprache, dachte man sich, das passt ja ganz gut. Sprache, weil Gustav Landauer und sein Verhältnis zu Sprache. Landauer schreibt und übersetzt sein Leben lang. Er übersetzt Schriften der Anarchisten Pierre-Joseph Proudhon und Pjotr Alexejewitsch Kropotkin. Während einer seiner Gefängnisaufenthalte übersetzt er Predigten und Fragmente des Mystikers Meister Eckhart aus dem Mittelhochdeutschen. Für Fritz Mauthner arbeitet er an dessen dreibändigen Werk „Beiträge zu einer Kritik der Sprache“.
„Skepsis und Mystik“ ist im Anschluss der Versuch Landauers, die Sprachkritik von Mauthner über die Mystik (als ewiger Gegensatz von Erfahrung oder Welt und Sprache) mit einem revolutionären politischen Aktivismus zu verbinden. Aktivistische Mystik sozusagen. Hedwig Lachmann — Landauers zweite Lebensgefährtin — war Dichterin und Übersetzerin. Sie übersetzt Edgar Allan Poe, Rabindranath Tagore, Balzac. Beide arbeiten sehr eng zusammen, übersetzen Oscar Wilde und Walt Whitman gemeinsam ins Deutsche. Sprache war Arbeit, Sprache war Liebe, Sprache war Leben, Sprache war sowieso und überhaupt politisch. Also deswegen ein Denkmal am Fremdspracheninstitut Amalienstraße 36.

Rita Steininger leitet die Stadtführung an. Sie hat erst kürzlich eine Biographie über Gustav Landauer veröffentlicht. (vgl. Rita Steininger — Gustav Landauer. Ein Kämpfer für Freiheit und Menschlichkeit. Volk Verlag, München, 2020)
Landauer wird in Karlsruhe geboren. 7. April 1870. Der Vater betreibt ein Schuhgeschäft in der Kaiserstraße. Schuhhaus Landauer. Unwichtige, aber vorhandene Parallelen zu meiner eigenen Biographie scheinen auf. Gustav studiert. Philologie und Philosophie. Heidelberg, Straßburg, Berlin.
In der Nachmittagshitze stehen wir 2020 im abständigen Halbkreis auf dem engen Gehsteig nebeneinander und schauen auf ausgedruckte Fotos in Prospekthüllen. Sie zeigen den jugendlichen Studenten und zeigen Gustav Landauers Familie mit seiner ersten Frau, Margarethe Landauer. Sie zeigen die beiden mit den Töchtern Gudula, Charlotte, Brigitte. Sie zeigen einen von vielen Besuchen von Fritz Mauthner. Sie zeigen, dass sehr lange Bärte damals total in waren und dass die Schwarzweißfotografie alle Fotografierten immer grimmig und entrückt aussehen lässt. Sie zeigen die lächelnde Hedwig Lachmann. Sie zeigen die gemeinsame Wohnung in Berlin. Zeigen dies und jenes. Zeigen dann schon Gustav Landauer seltsam alleine in der Menschenmasse bei Kurt Eisners Begräbnis auf dem Ostfriedhof in München 1919. Das ist dann schon kurz vor Ende. München war überhaupt nur kurz. Niemand in der Gruppe sagt „Punctum“, als Rita Steininger uns das letzte Foto rumreicht. Die berühmten Portraitfotos, die von den an der Räterebublik Beteiligten angefertigt wurden, sind eine traurige Geschichte des Verrats für sich.
Meine Gruppe wandert weiter, klassisch schwerfällig und asynchron, zieht und dehnt sich durch die Stadt zur nächsten Station. Ausgelassene Stimmung. Sonnenbrillen und Kopfbedeckungen werden ausgepackt und aufgesetzt. Wir lachen. Ich freue mich schon auf den Abend. Schwabing wuselt eng und muss angestrengt gut aussehen.

Gustav Landauer kam im Winter 1918 nach München. Kurt Eisner hatte am 7. November 1918 den bayerischen Freistaat ausgerufen und damit die Herrschaft der Wittelsbacher, also die Monarchie in Bayern beendet.
Er bildete gerade mit seiner USPD einen provisorischen Nationalrat.
Am Widerstand der SPD scheiterte sein Vorschlag eines ersten rein rätebasierten Systems. Kompromiss war ein eh nur provisorischer Mix aus parlamentarischer Demokratie plus ca. 7000, direkt als Vertreter gewählten Bauern-, Soldaten- und Arbeiterräten. Vorübergehend bis zu den ersten Nationalwahlen. Trotz Chaos und Millionen Unklarheiten gelingt es Kurt Eisner und seinem provisorischen Nationalrat einen Achtstundentag und eine Arbeitslosenversicherung durchzusetzen. Es wird die geistliche Aufsicht der Schulen abgeschafft und das Frauenwahlrecht eingeführt.
Die konservativen Kräfte kochen vor Wut und richtig messy wird alles nach dem Mordanschlag auf Kurt Eisner.

[…]


⤷ Gustav Landauer Fanboy Text. Fanzine – 48 Seiten, sw, HP-Indigo-Print auf Metapaper extrasmooth, Din A5
Text und Gestaltung: Jan Erbelding, Lektorat: Moritz Nebenführ








⤷ Gustav Landauer Fanboy Text. Fotos: Jan Erbelding – links: Meine Ausgabe von Skepsis und Mystik. rechts: Großes übermaltes A hinterm Dorfbahnhof

→ order Gustav Landauer Fanboy Text fanzine here @Vague_IP (German and English available)


2021
Newsletter-Text → 8.975 Zeichen
Flagge → 1,5 x 2,5 m
group show: TRUTH TO MATERIAL @LOVAAS, curated by Alexandra-Maria Toth











2019-2020
Text → 34.829 Zeichen
Performance/Lesung → 45min
Künstler-Buch
       order artist book here @Hammann von Mier Verlag

In ›Gertrude‹ nähere ich mich der Künstlerin Gertrude Honzatko-Mediz (1893–1975) und ihrer spiritistischen Arbeitsweise. Es ist nicht viel über ihr Leben bekannt, und wie viele mediumistische Künstler*innen blieb ihre Arbeit lange unrezipiert. In meiner Arbeit verbinde ich die wenigen bekannten biographischen Daten mit Gedanken zu Kunst und Fiktion, Spiritualität und Utopie. Ein wissenschaftlicherer Schreibstil und Zitate anderer Autor*innen (wie Ursula K Le Guin, Simone Weil und Gustav Landauer) wechseln sich mit fiktionalen und poetischen Textteilen ab.

Der Text handelt vom Erzählen von Geschichte und von Geschichten, von Verbindungen zu anderen Wesen und Welten, von Psychedelika und Meditation, Kunstmarkt und Kunstmachen. Es geht um ein Verhältnis zum Immateriellen, um das was Georges Bataille die ›innere Erfahrung‹ nennt und darum, wie das Vage, Unbeständige, Unverständliche auch in ganz konkreten aktuellen materiellen Fragen in Richtung des guten Lebens hilfreich sein kann.



Auszug        

Gertrudes Mutter Emilie Mediz-Pelikan gibt Gertrude vom Jenseits aus Zeichenunterricht. Später zeichnen und malen die beiden zusammen an der Schnittstelle zwischen Jenseits Totenreich Geisterwelt, genau am oder durch’s Portal, durch das dann Pinsel oder Bleistift exakt in beiden Dimensionen zeitgleich existieren, kongruent, die selbe feste echte Materie, die selbe Form und Bewegung und wenn jede in ihrem Raum, in ihrer Welt ein bisschen nachgibt, die zeichnende Hand ein bisschen lockerer lässt, spüren beide die Bewegungen Richtungen Aufbrüche Abbrüche der jeweils anderen am Stift oder Pinsel.

Vielleicht sind es auch nicht mal mehr Stift oder Pinsel sondern nur die äußerste malende Spitze, nur noch der Strich selber, der in der Welt der Toten und in der Welt von Gertrude nur auf anderen Tischen, sonst ganz exakt als die selben Bewegungen, nur in anderen Räumen, die anders dekoriert sind, mit anderen Ausblicken vor den Fenstern, existiert.

Im Totenreich sind natürlich Bäume im Hintergrund. Etwas weiter oben am Hang, der als große Wiese in unsere Richtung hin absteigt und sich verbreitert, ist alles wie die Scheibe seitlich im Auto vom Rücksitz aus innen angehaucht bedeckt vom Bodennebel oder Tau. Wahrscheinlich nur um allen Bewohner*innen des Totenreiches für immer alle Zartheit anzuzeigen. Es sind keine Blüten auf der Wiese zu sehen. Abgezäunt steht eine Pferdekoppel oder sonstwie Koppel, vielleicht ist das auch nur Einbildung, denn ich glaube es gibt keine Zäune und Koppeln mehr, um irgendwen einzuhegen im Totenreich und die Häuser hat man weil man eh schon tot ist und alle dort leicht der Nostalgie anheimfallen, aber wirklich nur sehr leicht, und das eher einem konstanten Erzählen geschuldet, den vielen Erinnerungen und Geschichten, die sich ansammeln, immer mehr und mehr im Totenreich. So entstehen also die Häuser oft aus alter Gewohnheit, und in einer völlig entgrenzten Welt, warum auch nicht doch nochmal ein Haus, ein Bett und einen Tisch zum Zeichnen.

Direkt vor Emilies Fenster steht noch ein dicker Walnussbaum in dieser Version des Totenreichs. Um den Baumstamm rum eine simpel gezimmerte Bank im Kreis. Blick in alle Richtungen. Vielleicht singt jemand im Sommer auf der Bank Gesänge so alt man glaubt es kaum. Die Liedtexte so unverständlich unbekannt, aus so vielen Leben und aus so viel toter Materie raus gesammelt, die Geschichten die gesungen werden müssen, so als würde jetzt jemand das ganze Internet singend vortragen auf einer Schalmei oder whatever. Wird der dicke Walnussbaum jemals größer oder nicht und war er schon immer? Wächst dort was oder ist alles nur? Wird alles nur? Sammeln sich nur Geschichten oder auch die Zeit? Welche? Ist Zeit dort dann multidimensional oder einfach so wie wir sie uns sonst so vorstellen? Hier als Ansammlung, Addition Fortschritt Wachstum Raum für Optimierung oder Stress. Hat Zeit in der Geisterwelt eine andere Funktion als nur die, alle Arbeiter*innen im gleichen Moment ins Büro zu bekommen? Wenn es Büros gibt im Jenseits, dann will ich ewig leben wie Vampire. Denn gibt es Büros im Jenseits, ist unsere Seele so oder so verloren. Dann bleiben wir lieber Vampire finde ich. vampires of love. vampires of the hypnotic rhythm. dancing vampires of the X T and C. Riechen wir dann immer die uns geltende Liebe direkt unterm Kinn am Hals aller anderen Menschen und im warmen Fell der Tiere, auch derer die unsichtbar unter unseren Achseln wohnen? Spüren wir die allumfassende Liebe, wenn wir mit der Hand durch nasse Wiesen streichen? Sehen wir die weichen Töne einer Freiheit aufleuchten rot und schwarz im Stroboskop der Klubs oder gemütlich an der Wohnzimmerdecke auf dem Sofa sitzend? Weiss nicht. Vampire einer funktionslosen Welt. Ewig Büro. Im Jenseits geht das alles einfach weiter. Niemand ist seines oder ihres Glückes Schmied, das jenseitige Versprechen von Erfolg bleibt 40-Stunden-Woche. Trostlos und hoffnungslos im Surren der Klimaanlage sitze ich an meinem Arbeitsplatz, vermutlich der Hölle, höre noch die Geschichten verlorener Arbeitskämpfe, höre von einer mehrdimensionalen Zeit, die's nicht gibt und es wird niemals wieder Feierabend und jeden Tag zum Mittag nur Fleisch in der Kantine. Meine Träume in Ewigkeit zu brauner Soße verkocht wie irgendwie alles. Schlimme Befürchtungen. Elender Konservatismus. Niemals Manfred Weber.

Aber alles hat nur mit dem Gehirn zu tun. Ihr wisst schon. Zeit kann nicht eindimensional sein im Totenreich. Da glaube ich nicht dran, das macht kein Sinn. Und es wäre außerdem Verschwendung wenn das so wäre. Die Geschichten, die sich sammeln stehen dem entgegen, sind frei, die bleiben frei, was auch immer das bedeutet, sie wählen ihre Worte aus anderen Gründen und das ist der große Unterschied, die Intentionen mit denen die ausgesprochen werden, auch wenn die Stories manchmal nostalgisch scheinen, auch wenn zum Beispiel Emilie Mediz Pelikan doch wieder ein Haus auf dem Land als Herberge ihres Geistes gewählt hat, steht da trotzdem eine Öffnung am Anfang oder am Ende oder sonstwo oder überall. Und es ergeben sich Portale für alle Welten freundlich durchlässig. Wir bleiben Vampire föderaler Schönheit.

[…]


⤷ Gertrude, Künstler-Buch, 80 S., 1c Offset (Pantone 3515U), Softcover mit Prägung, 10,5 x 17,7 cm


⤷ Gertrude, Künstler-Buch, 80 S., 1c Offset (Pantone 3515U), Softcover mit Prägung, 10,5 x 17,7 cm


order here @Hammann von Mier Verlag




2019-2020
Text, Performance

Part III der dreiteiligen Lesereihe mit ›durchdrehen/weggefahren‹ und ›der Wille zur Dekoration (Naturbetrachtungen)‹.

›Falsche Romantik‹ streift die Ideen der Frühromantiker*innen, erzählt sich durch persönliche Erfahrungen mit einem streng konzeptuellem Arbeiten als Künstler Mitte der 00er Jahre, lobt bisschen das Nicht-Rationale und fragt sich, wie aus einem eigentlich anfangs mal eher progressiven Projekt (der Romantik), so ein arg festgefahren und nationalistisches entstehen konnte.



Auszug        

[…] Bisschen später hab ich Fotos von so Fischen, die Farbe und Struktur des Meeresgrunds annehmen können ausgestellt. Oder in meiner Lieblingsserie, mit dem Titel „Fotos von Glas“ hatte ich Fotos ausgestellt, die irgendwelche Leute eigentlich für Ebay gemacht hatten, wenn deren Glasplatten im Keller verkauft werden sollten. Es war also nicht so arg viel drauf auf den Bildern. Hin und wieder gab‘s aber zu seicht angedeuteten geometrischen Formen und Linien einen Geister-Foto oder OD-mäßigen Blitzfleck. Und klar geht‘s da auch viel um Fotografie als Medium Auge Mund Maschine, um die – und überhaupt Bedingungen Wahrnehmung usw. aber auch nicht ausschließlich. Es ging eben zusätzlich noch um etwas, das auch in der Romantik eine zentrale Rolle gespielt hat oder spielt. Für mich halt.
Irgendwas das sich eigentlich nicht wirklich über so Visuals und Oberflächen ausdrückt, also keine Büsche und Bäume und Nebel und aufreissende Himmel und einsame Typen in einsamen zerfallenden Landschaften, etwas das abseits davon stattfindet, stattfinden kann, abseits von dem was vielleicht auch mal so gemalt wurde, damals, hoffnungsvoll und überschwänglich noch an ein Gelingen von Repräsentation glaubend, an eine im Bild fixierte Aussage, eine die universell zu treffen und übertragbar wäre, sogar bis in eine Betrachter*in hinein. Und das ist vielleicht eben ein zentrales Element. Ungewissheiten und vage Ahnungen.
Die Suche nach etwas, dass nicht klar benennbar ist, von dem ausser dass die Suche danach stattfindet, stattfinden muss, nur noch bekannt ist, so hier und jetzt scheint es irgendwie nicht vorhanden zu sein – das was gesucht wird, oder halt einfach noch nicht gefunden – und einzig erkennbar gibt sich ein Gefühl, mal so mal so empfunden, dass sich doch nur diese Abwesenheit erkennen lässt und die Suche also weitergeht. Eine bemerkte Abwesenheit, könnte man sagen, womit jetzt nicht der getarnte Fisch gemeint ist, sondern für mich stellt sich bei diesen Bildern, bei den Tarnfischen oder bei den Fotos von Glas immer auch noch zusätzlich ein Gefühl ein, ähnlich dem am letzten Sonntag der Schulferien, nur im Gehirn; wobei vielleicht ist letzter Ferientag doch schon zu krass, vielleicht gleicht dem Gefühl, das ich meine, eher eine Rückfahrt im Zug allein – es war ein guter Aufenthalt dort und in der müde aber konzentrierten, angenehm von dir auf dich zentrieren Stimmung, schaust du aus dem Fenster und erinnerst dich gerne zurück, aber nicht sehr weit. Die Musik, die du hörst geht vielleicht in Richtung TripHop. Mezzanine, Weather Storm – such dir was aus. Ruhiger und träger und schwerfällig. Nebel oder Regen. Zu tun ist nichts und morgen noch keine Termine. Die Liebe existiert, das weisst du. Keine falsche Romantik. Dein Sitz ist weich, neben dir ist frei, alles um dich herum ist perfekt temperiert, alle um dich herum unbemerkbar. Und so körperlich dieses Gefühl im Zug auf dieser Rückfahrt ist, so sehr ist es doch auch, wie beim Betrachten der Fische auf dem Meeresgrund oder den Fotos von Glas, bei mir jedenfalls ist es, eine Emotion die zuerst noch vom Kopf ausgeht, vom Denken her kommt, eine Emotion, die sich vom Sehen im Gehirn bei der Verarbeitung des Wahrgenommenen, neben allen Informationen auch noch zu diesem körperlichen Empfinden auswächst. Seltsam bemerkte Abwesenheit. Die Suche hält an. Keine Ahnung warum, keine Ahnung nach was.

[…]

Romantik, falsche Romantik. Wie immer, wenn was falsch ist, dann ist ja klar, dass das nur eine simple Frage der Perspektive ist aus der das angeschaut wird, eine persönliche Meinung, Haltung, Einstellung, fehlerhaft unvorsichtig absichtlich unwissend, wir werden es nie erfahren, es gibt nur noch eine oder 1000 andere Richtungen aus denen wir die Dinge betrachten können und so zu jeweils geänderten Vorstellungen oder Definitionen der untersuchten Sache kommen. Ich glaube nicht, dass das dazuführen muss, dass wir uns alle nicht mehr verständigen können, super simpel würde ich jetzt mal sagen, der Umstand der 1000 Perspektiven macht vor allem erstmal, dass wir uns bewusst werden müssen, wer die Dinge eigentlich festlegt, wann, wieso und aus welcher Position heraus.

[…]

⤷ Performance-Lesung: Falsche Romantik @ fructa space, 2020

2019
Text, Sound, Performance

Part I der dreiteiligen Lesereihe mit ›der Wille zur Dekoration (Naturbetrachtungen)‹ und ›falsche Romantik‹.



Auszug        

[…]

Einsam sein.
Ich habe jetzt ein Netflix Testabo.
Und kaufe zum ersten mal Filme in einer Online Videothek.
Denke, dass ich vielleicht wieder Rauchen sollte. Es misst die Zeit. Erst in kurze Abschnitte, dann in Päckchen. Im Rauchen selber sieht sich die Zeit beim Verstreichen zu und ich würde bei ihr sitzen und tiefe Züge rein und dicke Ringe raus. Tick Tock. In die Zukunft. Schwarze Lunge. Nach paar Wochen alleine trage ich zu Hause eine Mischung aus Stirnband und Turban. Ich kann mich mit dem Stirnband im Spiegel sehen wenn ich daran vorbei gehe. Manchmal finde ich mich schön. Die Falten sind neu. Dazu paar einzelne weisse Haare oder andere Sachen. Ich bleibe kurz vor dem Spiegel stehen. An Hunde denken und dabei sich selber sehen. Finde mich süß auch irgendwie. Was sich seltsam anfühlt. Frage mich, wie ich sicher wissen kann, dass ich das bin. Hinweise verdichten sich. Kenne die Theorien. Unter den Augen ganz schwarz alles. Dicke Lieder. Das dämliche Stirnband. Zersauste Haare. Fettig bisschen. Der Wahn spiegelt sich schon seicht dadrin. Glänzende Konträrfarben. Ich hänge mir meine beiden Kameras um. Jetzt wie Dennis Hopper mit dem Stirnbad vor dem Spiegel. Nur meins ist grau nicht rot und ich habe weniger Kameras. In der Einöde durchdrehen. Wobei das Schlimme ist ja dann nicht ausrasten, das passiert ja nicht, nicht so aktiv jedenfalls, wie die Möbel zerhacken, rumschreien und drüben den Nachbarn den Hund im Zwinger umbringen, nachts, irgendwas noch mit seiner Leiche machen, schreckliches, malen, zeichnen, sich selber als Roboter im Gehirn einer Gans die Welt steuernd und dadurch interpretierbar, nicht nur für Analytiker*innen, sichtbares Zeichen gestörter Existenz von aussen lesbar auch für andere sein. Ist aber nicht so. Ist ja niemand hier. Und bleibt eh unsichtbar von aussen. Normal unverkrampfter Kiefer, freundliche Augen, die Augen eines jungen Hundes, hell, süß, unerfahren, unersichtlich, drunter dicke dunkle Lieder, drüber Stirnband, aber ohne die Kameras nicht als Filmreferenz lesbar. Einmal komme ich überraschend vor dem Spiegel vorbei, mache laut wuhuehuheuuh, wuschle mir mit den Händen durch die Haare, die übers Stirnbad rausschauen.

Alles ruhig.
Es ist noch Sommer.
Tick Tock.

[…]

2019
Text, Performance/Lesung

Part II der dreiteiligen Lesereihe mit ›durchdrehen/weggefahren‹ und ›falsche Romantik‹.



Auszug        

[…]

08.08.2019 Vom Schreibtisch aufstehen, Schuhe anziehen, Jacke anziehen, im Appartment auf und ab gehen, hinsetzen, aufstehen, umentscheiden, doch nicht gehen, vielleicht besser morgen gehen, Jacke wieder aus, an den Schreibtisch setzen, aufstehen, wieder auf und ab gehen, umentscheiden, vielleicht doch heute gehen, genau jetzt gehen, Jacke wieder an, Jacke wieder aus, könnte zu kalt sein sonst, andere Jacke an, okay, besser so, auf und abgehen, sich selber in seinem eigenen Beschluss bestätigt fühlen, zur Türe raus, Schlüssel-Check – Türe zu. Treppe runter, Wendeltreppe, unten zögern, Fahrrad holen – oder doch nicht – also ohne Fahrrad raus, draussen die warme Luft spüren, in allen Richtungen über mir Wolken vorbeiziehen sehen, die Sonne spüren, die Straße runter, nach Süden diesmal, den Wind im Gesicht und wie er vorne durch die offene Jacke rein und durch die Ärmel – wie es kalt wird auf meiner Haut, die Jacke zu, mir gegenüber die riesige leere Außenfassade des K-Citymarket und dort auf den blauen Fließen jetzt orangerote los-angeles-mäßige Sonnenuntergangsflecken, die zwar auch zu einer undefinierbaren Farbe ineinander übergehen–also die Fließen und die Sonnenflecken–aber irgendwie und unverständlicherweise trotzdem sowohl nebeneinander, wie gleichzeitig übereinander klar als getrennte Farben – Los-Angeles-Sundown-Orangerot und Blau– erkennbar bleiben. Weiter die sandige krumme Straße runter, rüber über den Bahnübergang der immer blinkt und wie jedesmal beim Queren die Frage, an was man wohl erkennen würde, wenn wirklich mal ein Zug kommt, ausser spätestens am Zug der kommt.

[…]
Und was sucht, findet nur nichts, sucht weiter überall und sucht ununterbrochen. Im Licht des Sonnenaufgangs schon ratlos die Tasse mit dem Kaffee in der Hand und abends wieder abgestellt, entspannter dann vielleicht, aber immer noch kein blasser Schimmer. Dazwischen, Jon, du in Buchstaben, abstrakter Platzhalter, Jon, eine einzige Sekunde – oder noch nichtmal. Wie auf den umstrittenen Ringen des Saturn unbrauchbare Fetzen und Brocken und Staub als Schutt im Kreis um eine große Masse gedreht für immer, aus dem richtigen Winkel raus betrachtet kurz schön vielleicht weil's bunt schillert und dann aber wieder nichts.

Aufgang Untergang Übergang, warum. Ewig sucht was das was eh nichts findet das sucht überall. Sucht ununterbrochen. Abends immer angenehm, weil ich ja auch gar keine Anforderungen mehr erfüllen kann. Und im Licht des Sonnenaufgangs wieder ratlos die Tasse Kaffee in der Hand. Jon. Du in Buchstaben. Abstrakter Platzhalter. Smileyface.

Die tiefe späte Sonne bricht sich nichtmehr durch die Wolken trotzdem entsteht ein heller Fleck zwischen dem sonst eher gleichmäßigen Grau. Wobei Fleck ist nicht ganz richtig, da die Fläche des gleichmäßigen Grau eine halb unendliche nach oben unten links und rechts ist, ergeben sich regelmäßige Bruchrillen und Risse, die nicht ganz so gleisend, aber schon noch sehr hell, ein dreckiges weiß, ähnlich der aktuellen Farbe meiner ehemals weißen Reeboks. Glitschige Böden der Clubs. Der Kopf noch weiter von den Füßen weg als sonst.
Neben und unter dem Fleck dann steppt farblich schon der Bär der Uhrzeit wegen. Es gibt hier keine Palmen aber einen Strand. Das Meer ist also nicht weit und es hat keinen geringen Einfluss auf den Sonnenuntergang von vor meinem Fenster. Man muss sich eine global eher nördliche Variante von Sonnenuntergang vorstellen. Die Grundfarben sind entsprechend kühl. Ein zartes Lila, dazwischen berührt an den Rändern von einzelnen Atomen in Mintgrün. Die Farben schmelzen ineinander wie pulverisierte lila Schokolade auf eine mintgrüne Zunge gestreut. Mit dem Ausatmen durchfetzt die Farbmischung dann sehr leise die gräulicheren Wolken wie ein Gas noch bevor es sich über lange Zeiträume immer weniger wahrnehmaber werdend ins Unendliche ausblendet.
Der Wald dort hinten brennt nicht, er steht nur im Gegenlicht, und was wäre das für Feuer, gelb wie Zitroneneis. Aber Schlieren an den Rändern wie beim echten Brand. Ein einziges konstantes Rauschen in den Bäumen aber es sind unendlich verschiedene Bewegungen, kreisende kurze, schaukelnde weite, zitternde schnelle und normal langsame, alles oft am selben Baum vom selben Wind, gehört, gesehen, an unterschiedlichen Stellen von unterschiedlicher Beschaffenheit. Hier bewegen sich oben nur 3 Ringe nickend vor und zurück und dort unten kreisen kaum merklich 46.

2019
Installation → Podest, Spiegelfolie), 17 Texte kopiert in Stapeln
Lesung → 17min

1000 Blumen sind 17 kurze und sehr kurze Texte. Als ausschweifende Pseudo-Haikus sprechen die Texte vor allem in der Gegenwartsform über Wandel, Unbeständigkeit und Uneindeutigkeiten.



⤷ Ausstellungsansicht @Galerie der Künstler:innen, 2019


⤷ Ausstellungsansicht @Galerie der Künstler:innen, 2019


⤷ Ausstellungsansicht @Galerie der Künstler:innen, 2019

→ download 1000 Blumen (.pdf/Auszug)




2018
Text, Perfomance/Lesung → 15min



2018
Performance → 48min, Sound, 7 Mikrofonhalter, 10 Mikrofone, Kabel, Lautsprecher, tabakfarbene Neonröhren, Nebelmaschine, Schaumstoff, Deckenventilator
mit: Tabea Elend, Jan Erbelding, Johanna Gonschorek, Paulina Nolte, Maria VMier
Text → 33.194 Zeichen

Text, Bühne & Regie: Jan Erbelding
Sound: Florian Westphal
Kostüm: Katharina Pia von Schütz
Gemälde: Hannes Heinrich
Programmheft-Text: Jonas Münch

›Fragen in die Sackgassen zeitgenössischer Jahre‹ ist eine Performance über den Schlaf, den Halbschlaf, das Träumen, als Möglichkeiten einer zeitgenössischen, widerständigen Praxis. Können Passivität und Traumbilder helfen eine andere, bessere Zukunft zu entwerfen, indem wir dem Bestehenden die ständige Bestätigung entziehen?
Die Performer*innen liegen sehr bequem und sprechen einen Text, der wie Nebel sich langsam ausdehnt. Sie hören ihrem Körper zu und folgen den Bildern, die der Kopf erzeugt. Sie finden ein Manifest der gestelzten Sprache und erkennen im Unerfolg ein Muster. Sie geben sich ihren Phantastereien, den Unverständlichkeiten und Sehnsüchten hin. Sie sind müde, aber ihre Müdigkeit ist kein resignierender Gehorsam mehr. Die Müdigkeit, der Schlaf ist ein Versuch die Klarheiten zu verschleiern, um nicht mehr von Klarheiten ausgehen zu müssen.



⤷ Performane @Stiftung Federkiel, Luitpold-Block, 2018


⤷ Performane @Stiftung Federkiel, Luitpold-Block, 2018


⤷ Performane @Stiftung Federkiel, Luitpold-Block, 2018


⤷ Performane @Stiftung Federkiel, Luitpold-Block, 2018



Auszug        

[…]

Pamphlet der gestelzten Sprache:

Ich bin müde.
Müde und die Wut eine Schwäche und so sehr die eine Abscheu gegen diese Wut es geht dir gut es geht dir sehr sehr gut, ich bin müde, frage mich weiter aus dem Positiven heraus, was verstellt den Blick aufs Ganze?

Richtig: ALLES. Das das Problem nicht der Weg zum Überblick, sondern schon die Annahme des Überblicks ansich.

Aller Fokus ist vergiftet.

Keine Panik. Vom Freibad her weht das Geschrei der Freiheit rüber. Ich packe ein Handtuch und folge dem Geschrei.

Ich bin müde.
Diese Müdigkeit ist keine resignierender Gehorsam, ich schlafe nicht aus Verzweiflung. Ich schlafe nicht um sogenannter Realität zu entkommen. Die Müdigkeit, der Schlaf ist ein Versuch die Klarheiten zu verschleiern um nicht von Klarheiten ausgehen zu müssen. Der Schlaf nimmt dich aus der ständigen Bestätigung des Bestehenden, befreit vom Zwang der Tat.

Ich bin müde und stehe in einem Ausstellungsraum, white cube, red cube, you cube, lang vergangener traum von neutralität, wach sein high sein hier sein und ich schlafe, alles oszilliert, ich bin müde und jemand spricht ein Pamphlet gestelzter Sprache, holpriger Sprache, träume Pamphlet verzerrter Sprache, müde geschwollene Sprache, und jemand spricht ein Pamphlet konstruierter Sprache schwülstig eckig phantastisch synthetischer Sprache – Ungestalt aber weit.

In der künstlich gekünstelten Sprache, tritt erkennbarer die Manipulation zu Tage.
Ich vernehme in Auschnitten Fetzen aufgeschnappte Fragmente gegenüber schwammiger Erinnerungen über die Brücken ungelenker Begriffe, zu große, zu kleine, nie ausformulierte, unfertige,
erfindet keine neue Sprache,
markiert die Konstruiertheit der Sprecherin,
sie ist kein Freund und keine Freundin,
ist dir aber wohlgesonnen,
sagt auch poetisch,
warum auch nicht denke ich,
eine poetische Sprache, eine unpersönliche Sprache,
wie dem Klang der Vögel entlehnt, entlehnen die Vögel ihre Sprache Klängen der Nächsten Umgebung über 11.000 Kilometer lang. Alle Äusserungen der Welt.
Komm Lass' schlafen geh'n,
Das neue Jahr ist eine
Sache von morgen.
Um weniger erkennbar werden,
weniger erfassbar,
weniger lesbar durch die maschine,
melancholischer sprechen um der depression zu entgehen,
→ yeAH ! "Todestrieb" ruft jemand in den Ausstellungsraum,
wir lesen alle die gleichen Theoriebücher,
Revolution der poetischen Sprache,
gut zu wissen, denke ich,
the sun always shines on theory,
wir werden uns also weiter verständigen können, müssen,
aber in Realität der erinnerten Wirklichkeit im Traum schmilizt sich das (was) zu dickeren Klumpen zusammen, Produktion im Schlaf, wie eine Wiederholung aber verschmutzter werdender dreckiger unreiner, mit jedem weiter gestelzten wiederholten Durchgang bleibt mehr von der Umgebung drin kleben, mehr Banalitäten, Unzulänglichkeiten, Unsicherheiten und die Einsamkeit und die Freude Freunde Freundinnen und Roboter beispielsweise,
Eine müde Sprecherin und das anonyme Pamphlet geschmelzter Sprache.
Nie muss sie selber erleben was sie sagt,
frei von Tatsachen, sie baut sich selber zusammen,
was ohnehin zusammengebaut wird, ändert sich den Umständen entsprechend, bleibt sich nicht gleich und sie verbringt die freien Tage am See, zwischen Schilf und Insekten,
schläft am grundlosen See
und in der grundlosen Großstadt,
und sie weiss es wieder
und baut sich weiter ohne zutun
und sie schweigt
und sie wartet,
und sie redet holprig,
und leistet den Widerstand der Trägheit
und
bestätigt nichts mehr weiter.

– sie weiss,
was der Traum ist ist nicht das was in Echt die wirkliche Realität ist,

Tatsachen schreiben keine komplizierten Sätze

und es ergibt sich,

ist der Traum Fiktion also,
also in Wirklichkeit erneut erzählte Realität,
umgebaute neu erzählte Realität
schlafend träumend glitcht die Wiederholung, ins Fiktive, real Erzählte,
wirklich Gesagte,
also doch Utopie,
steht hier.

Und die Sprecherin eines Pamphlets gestelzter Sprache, holpriger Sprache, träumt Pamphlet verzerrter Sprache, müde geschwollene Sprache, und spricht weiter ein Pamphlet konstruierter Sprache schwülstig eckig phantastisch, synthetischer Sprache,
Ungestalt aber weit.

[…]


2018
Text, Performance/Lesung, Poster, Girlande











2017
Text → 14.495 Zeichen
Performance/Lesung → 28min
Artistbook
Audio-Installation

Um aus dem Stadium des Unsteten heraus wieder sprechen zu können, habe ich mich selbst und meine Aussagen, meine künstlerischen Interessen in eine beliebige Anzahl parallelexistierender Ichs und Aussagen ›aufgespalten‹. Dabei wird nicht eine einzelne Version immer weiter konsistent ausgefüllt, sondern es entstehen ständig neue Versionen, Ansichten, Zugänge zu Welt. Jede neue Version, jedes neu abgespaltene Gehirn bleibt bestehen, und gewünschte Teile, an Ideen, Persönlichkeit, Haltung, Sprache werden in die nächste Version kopiert. In vielen Versionen, oder eben noch abstrakter: ›Gehirnen‹, spielt die Theorie der Pubertät eine große Rolle. Zentral war es, ein arg gereiztes, hyperaktives Gehirn zu schreiben, eines, das sich immer noch in Entwicklung befindet. Eines, das die Dinge nicht sofort ausformuliert begreifen muss, eines das versucht sich zunächst auf die eigene Intuition zu verlassen und seinen Neugierden folgt. Unübersichtlichkeit, Veränderung und Ungreifbarkeit werden in jeder Hinsicht als positiv gewertet, das Ziel des umfassend klaren Überblicks aufgegeben – sowohl auf persönlicher Ebene, als auch für den Performancetext.

→ listen online (5min/exzerpt/5,7MB/*.mp3)



⤷ @nonchalant–blackholes, 2017


⤷ Performance @berghain kantine, 2017


⤷ Performance @berghain kantine, 2017


⤷ artistbook, 7 pages, xerox, 2017


Auszug        

[…]

Es ist jez schon eine ganze weile -
so
dass
da
ein stück fehlt
eine distanz –
sich aufgebaut
in regelmäßigen abständen
is da so
eine indirektheit
eine eigene
eine allgemeine
überhaupt und immer
und dann noch
der betrachterin
eigentlich allem gegenüber
& in regelmäßigen abständen
kommt das zurück
Es kann ein warmes sein
sehr nett auch
dieses gefühl abgeschnitten zu sein
von dieser distanz
bin ich fasziniert
it's been a while
can't touch this
macht nichts.
Aber es ergeben sich natürlich auch probleme daraus für mich und für das hier

[…]

Im irrsinnigsten Chaos strudeln die abgespaltenen gehirne, wieder erzählt, weiter erzählt und reden gegen die relativierungsmechanismen der maschine an. Immer innen drinnen in ihr sie wieder drumrum und immer weiter in so schichten und ohne klare grenzen eigentlich unvorstellbar natürlich absurd wie immer / wie die von gegenüber nie mehr vom feierabend zurück kommen und irgendwas fehlt und es ist teil der maschine geworden wie das teil der maschine geworden ist wie die erzählung geschichte schon immer teil der maschine war wie schon immer die erzählung realität teil der maschine war und der absurde teil der geschichten irgendwo auch in der maschine war aber es akzeptiert das nichtmehr sich alles klauen zu lassen, verderben tut eh alles auch wenn ein so und so ein /
jetzt stockt alles
es gerinnt und trennt sich
und verbindet sich wieder zusammen
schwerlich
was erhält das will das erhalten
das pupertäre gehirn hat dieses einfache feindbild jez
hyperkomplex und auch das weiss es jez
das ist die neue geschichte von pupertät
und erst deren anfang
die wütend ist
ganz anders
ganz einfacher
und natürlich gar nicht einfacher
weil
es geht ja nicht
aber halt doch auch schon
oder nicht
und
da hört die maschine auf ihnen das einzureden oder es wird anderes erzählt für einen moment und klar erkennbar in unsrer naiven pupertierenden sichtweise gibt es ein dagegen, ein möglich wäre das und nur keine imperativ ungenutzten möglichkeiten und weil es jez umgeschrieben zu unserer erzählung, wie sie möchten – naiv wäre das für einen kleinen moment und in den anderen abspaltungen hätten sie weiterhin die komplexität wie gewünscht und wie benötigt und sie können sich dann damit verbinden wenns gebraucht wird, na klar, nicht alleine, kann ja keine das alleine auch wenns sichs um abspaltungen handelt und eine wut wäre das, doch noch vollzogen der unbemerkte fall ins schwarze loch beispielsweise
was für eine wut das doch wäre
was für eine wut doch drin im gehirn in dem
abgespalten
pubertieren
erkennen
unzufrieden die langeweile in ständiger unterhaltung im immergleichen im konformen und brennt und gibt sich dieser düsternis hin über allem die maschine, das ist das, und die verrücktheit geht vom gehirn aus von den gehirnen die sich ihre storys zurückholen und umschreiben, absurdität holen sie sich zurück und die realitäten werden der maschine entschrieben, eine wut kommt zurück an die oberfläche auch wenn sie düster sein wird und die gehirne lassen sich nicht länger einreden ihre wut wäre naiv, ihre hoffnungslosigkeit wäre selbstverschuldet, ihre kraftlosigkeit ein mentaler zustand des zu unflexiblen selbst, ihr drop out burn down eine faulheit und was noch alles – teile reflektieren das, teile bleiben bewusst unreflektiert –
[…]

2017
Text, Performance/Lesung → 19min



2017
Text, Performance/Lesung → 22min



2016
Text, Performance/Lesung → 28min



2016
Text → 7326 Zeichen
Performance → Projektion, 4-Kanal-Audio
     download Probleme_einer_Verweigerungshaltung.pdf (*.pdf)






2016
Text → 20.471 Zeichen
Performance → 26:00 min, Sound
Display → plakatierter Text, 6,20m × 2,90m
Sweatshirt mit Siebdruck


→ listen online (8:49min/exzerpt/8,5MB/*.mp3)
→ artistbook published by Hammann von Mier Verlag












↑ artistbook, Hammann von Mier Verlag, 2016


2015
Text, Performance → 25 min
Video → 25min, s/w, eingesprochener Text
327 DIN A4 s/w Laserdrucke

In einem Archiv für Gipsabgüsse habe ich mich in eine etwas zerstörte Diana oder Arthemis Statue verliebt – die Wissenschaft ist sich da nicht ganz einig behaupte ich. Wobei ich das erst nach dem Besuch gemerkt hatte, also vor allem das mit dem Verliebtsein. Als ich die Statue dann nach einiger Zeit wieder besucht habe, musste ich feststellen, dass meine Erinnerung an die Statue mittlerweile kein bisschen mehr der Realität oder eben dem Kunstwerk entspricht, wie es dort im Archiv steht. Ich war also verliebt in eine Statue, die so aber gar nicht wirklich existiert. Davon handelt der Text. Von Realität und Projektionen, von Klassizismus, von der Geschichte des Auges (die ich immernoch nicht so richtig verstehe), von Baillard und von vergangener Liebe.



→ listen online: eine_oberflaeche_in_der_sonne.mp3
(1:38min/exzerpt/1,7MB/*.mp3)


⤷ Videostill: Eine Oberfläche in der Sonne


⤷ Videostill: Eine Oberfläche in der Sonne


⤷ Videostill: Eine Oberfläche in der Sonne


⤷ Videostill: Eine Oberfläche in der Sonne




Pelona 1 → Text, Performance (11 min), Tageslichtprojektor mit Zeichnung. 2012
Pelona 2
Pelona 3 → Text, Performance (19 min), Sound, Wasserball, Shirt. 2014

Pelona kam als Gedanke, als Wort, als Klang in meinen Kopf. Es war klar, dass Pelona mein neues Kunstwerk war. Das Problem war aber wie nur soll das jetzt vermittelt werden? Einem Publikum? Wo genau und wann genau endet der Gedanke Pelona? Hab ich mir das alleine ausgedacht? Was beinhaltet der Gedanke dann oder das Kunstwerk Pelona alles? Picasso, Kiss und Dr. Alban. Von mir, von euch? Was I made for Loving you? Look who's talking now Pelona.

→ listen online: Pelona 3 Performance-Mittschnitt
(5:26min/Exzerpt/5,9MB/*.mp3, 2014)


⤷ Performance-Setting Pelona 3, 2014


⤷ Performance Pelona I, 2012


⤷ Konstruktions-Zeichnung Pelona I, 2012



Pelona 1        

Pelona eine form die gedanke war die formwerdung eines gedankens der zu mir kam der sich zusammengeballt aus allem was um mich in mir ich bin nicht nur ich morgen oder jetzt bin ich wieder anders und so ist pelona anders am tag am ersten tag und am heutigen tag komprimiert aus wer wir sind in unserer zeit den themen unserer zeit was ich lese und sehe und denke den ganzen tag ist pelona aber nicht alles was herauskommt ist wirklich pelona die grenze. aus allem unserer zeit wie ihr denkt und ihr seht und was bewusst geworden ist kam der klang das wort pelona eine schrift im kopf vor diesem rotschwärzlichen hintergrund der der gleiche ist wenn man die augen schließt stand dort pelona in einer serifen typographie etwas zu groß um noch als wirklich fein gesetzt zu gelten und pelona war eben dieses problem der gedanke die form die ästhetische erfahrung die struktur die bedeutung signfifikant und signifikat pelona ein ereignis keine worthülse zu beginn war sie eine arbeit die begonnen in den siebzigern aber pelona ist immer noch nicht selbstverständlich wie es der fall sein sollte pelona braucht nun diese atmosphäre die selbst teil als thema angelegt war mit dem ereignis pelona clash theorie wie sich netzwerke zusammen schließen pelona die grenze nicht alle netzwerke sind angeschlossen als grenze auch im aussenraum unscharf abgegrenzt gegen zu vieles gegen zu viel gegen erschöpfung nicht alle möglichkeiten pelona kam als eine möglichkeit klarer vorschlag künstlerischer arbeit problematisiert dieselbe sichselber pelona gegoogelt bedeutet pelona der tod das internet erklärt uns nichtsmehr es findet was wir schon wissen mit dem tod pelona hat das gar nichts zu tun ein schweigen wäre das pelona ist nicht schweigen das alte problem der zweispalt ich sage ich habe schmerzen was denkst du jetzt glaubst du mir pelona die innere erfahrung die selbst die autorität wird dieses nichtwissen das nicht aunausprechlich bleibt und die worte die doch das gesagte trügen pelona war das von beginn an wort eine ton wie sich schmodder zusammen zieht woher kommt er analysiere ich aus was wir sind und unsere zeit das problem der entstehung der kunst der themen pelona wie sind die bedingungen wer erfüllt diese bedingungen sind es die leute von aussen die das tun pelona der kontext weil ich dich verlagert habe spreche ich über pelona um einen teil deutlich zu machen die andere seite bleibt schwarz unverstanden pelona sie oder er wenn wir das schon nicht wissen wer kann uns dann noch helfen auch das ist dieses problem vorschläge machen pelona weil diese eine wahrheit nicht existiert pelona die grenze unscharf von beginn an angelegt unscharf weil exaktes pelona das können wir nichtmehr was uns trifft ist pelona was uns trifft den ganzen tag und der versuch das zu vermitteln pelona die kommunikation weil kommunikation aufführung pelona peromativität ein begriff pelona der sich selbst wieder eines schönen morgens wiederholt pelona eine anhäufung eine meiselung die leere leerstelle bleibt soll bleiben. clash treffen zusammen pelona die grenze ist die aufführung wie sich netzwerke zusammen schließen und dort wurde schon pelona bewießen wie peloan nicht mehr eins sein kann sie steckt in sich selbt und ich stecke in mir pelona mit hunger betrachtet ist eine andere pelona muss reden der alte zwiespalt pelona im kunstsystem das alte problem ist nichtmehr da denn mund ist auge und auge ist mund unscharf abgegrenzt nach aussen pelona weil ich heute eine andere pelona schreibe als die erste urpelona die vom allerersten ereignis pelona war eine phase eine arbeit pelona. ausformuliert, differenziert. die abgrenzung war schon vorgenommen so ist klar was pelona ist nicht die heutige pelona urpelona war ist immer noch die gleiche aber morgen ist die pelona eins zum beispiel eine andere als die heutige die hier erstellt wird und wieder verstellt wird die sucht was pelona eigentlich ist dieses wort e o a pe lo na dreisilbig der klang aber keine hülse pelona unsre zeit und die zeit erfahrung die intuition des ganzen als lüge ein rausch oder hang zum rausch. pelona das fassen vieles das trennen pelonas aus dem chaos der gedanken heraus oder doch pelona die angst nichts zu ende bringen können pelona die angst sich schließlich festlegen zu müssen in ein objekt eine arbeit nicht an alles offen pelona etwas dass dann doch ein thema verhandelt sichtbarmachung pelona nach den kriterien innerhalb der kunst pelona das werk pelona die arbeit pelona. arbeit innerhalb pelona war schon immer für ausserhalb der alte hut das alte problem stellt sich nicht mehr als problem dar mund ist auge und auge ist mund und wenn nun mal die bedingungen pelona untersucht werden bekommt problem eine falsche bedeutung. besser gesagt pelona, sichtbarmachung schalt sich aus dem chaos der gedanken pelona als klang erscheint mit inhalt schon aufgeladen im zweiten moment pelona wird das klar nach der serifen typo das wort. aber warum wort pelona warum die typo. pelona die typo welche mein gehirn für die innere schrift verwendet. ich kenne sie glaube ich von plakaten. pelona die arbeit die künstlerische arbeit. es war klar dass du mein neues kunstwerk wirst. einfach weil ich an kunst denke. oder mir gedacht habe wie wird das chaos im kopf zu pelona schließlich zu kunst. alleine denke bin ich nicht. ich bin nicht ich das chaos in meinem kopf ist kein chaos ist es eine unordnung chaos pelona ist zu negativ klingt verwirrend nach verwirrung. nach ineffizienz. das objekt pelona alles eine sache des zuschnitts der gliederung zergliederung überschneidung dadurch eine realität. unscharf die grenze pelona aber eine differnizerung wurde vorgenommen klang wort künstlerische arbeit die suche nach einem neuen begriff pelona das ereignis jetzt ein tun weil pelona ausserhalb die innere pelona bleibt vage leise die große die urpelona. sind dann fragmente pelona heute? fragment. ewig unfertig das äussere atmosphärisch zu schaffen. was ist die narration clash pelona dreisilbig klang so ist pelona anders am tag am ersten tag und am heutigen tag komprimiert aus wer wir sind in unserer zeit der themen unserer zeit was ich lese und sehe und denke den ganzen tag ist pelona aber nicht alles was herauskommt ist wirklich pelona. pelona die grenze. aus allem unserer zeit und was bewusst geworden ist kam der klang das wort pelona eine schrift im kopf vor diesem rotschwärzlichen hintergrund der der gleiche ist wenn man die augen schließt dann stand pelona dort in einer serifen typographie etwas zu groß um noch als wirklich fein gesetzt zu gelten ich kenne diese Typo von Plakaten so glaube ich pelona war eben dieses problem der gedanke die form die ästhetische erfahrung die struktur die bedeutung signfifikant und signifikat pelona keine worthülse zu beginn war sie eine arbeit die begonnen eine pflanze die wucherung teils ja teils nein pelona parasit welche rolle kommt mir zu wo ich doch auch nur träger bin eine schicht auf die information aufgetragen wird und ich hunger habe noch dazu die veränderung die jedentag ich bin nicht der eine künstler der diese pelona die aussenwelt und mein kopf bin nicht der kopf der pelona habe einfluss auf die aussenwelt und umgekehrt wie wir umeinander herum eintauchen. ein in pelona auf das hier gar nicht so sehr interessiert als die beobachtung pelona die sich ändert mit dem blick auf mir, dich und den anderen. einem überfliegen von pelona, mehr begriffe um einen begriff zu definieren. kunst pelona. als denkakt. einerseits und die falschen vorstellungen einer immaterialität pelonas auf der anderen seite hell awaits. angenehme atmosphäre. leib seele. aber am ende wurde hat sich jetzt das problem erledigt. eigentlich ein rauschen. feedback. weil das reden stattfindet ein einseitiges gegenüber den anderen der anderen pelona die andere der begriff pelona verstehst du mich kannst du mich hören. ich singe pelona. die information am ende an den anfang. rückkopplung, pelona drone man könnte versuchen sich diesem größeren Zusammenhang zu nähern in dem man alle prozesse und programme zurückfährt. es gibt kunst pelona vielleicht als eine andere in einem ausdruck pelona.
in einer serifen typo ich kenne sie von plakaten warum wort, warum klang pelona die kunst pelona vielleicht als Andere in einem Anderen ausdruck pelona. in einer serifen typo vor dem rötlich schwarzen HIntergrund vor dem die Gedanken stehn ich kenne die Kunst Pelona von plakaten die Typo im ersten Moment Pelona warum wort, warum klang pelona als ein ereigenis im Anderen vielleicht in einer serifen typo
es gibt kunst, pelona, vielleicht als eine Andere in einem ausdruck pelona.




2013
Text, Publikation, 5-Kanal-Audio-Installation

Es handelt sich um eine Arbeit, zu der niemand die Idee hatte.
Auch ich nicht.
Weil ich nie die Idee dazu hatte, eine Arbeit zu machen der keine Idee vorausging, existiert die Arbeit. Bedingungen unter denen die Arbeit in einer Ausstellung erfahrbar ist, müssen entsprechend im Denken geschaffen werden. Die Arbeit existiert nur, wenn sie nie ausgeführt wurde. Was dann allerdings kaum mehr ein Problem darstellt, da ich ja schon nie die Idee zu einer solchen Arbeit hatte. Ich habe nie einen solchen Text geschrieben, anschließend habe ich die Arbeit nie ausgeführt. Nur so existiert die Arbeit – oder das Kunstwerk, von mir aus.

In der Performance versuche ich mich an alle im Text beschriebenen möglichen und unmöglichen Weisen zu erinnern, auf die das Kunstwerk doch jetzt so hier für uns alle zusammen während der Performance existieren kann.

→ download publication (.pdf / designed by Erica Göbel)


⤷ Performance „—”, 2013


2013
Text, Audio-CD

In »Lieder« wird ein von mir ausgedachtes Lied (eher so Elektro) erzählt. Stimmung, Klänge und Struktur des Liedes werden mal über sehr figürliche, mal sehr abstrakte Wörter beschrieben, wodurch eine visuelle Vorstellung entsteht, die eine Art „Inneres-Video“ zum Lied ergibt, während gleichzeitig die Beschreibungen die nur sehr schwer mit einem Bild im Kopf zu versehen sind, als reines Geräusch, als Sound wahrgenommen werden.

Die Arbeit »Sommerhit« die zur gleichen Zeit entstand, beschreibt einen typischen Sommerhit der 90er Jahre. Auch hier wurde versucht auf die Wort/Bild Verknüpfungen in der Vorstellung des Betrachters zuzugreifen.


⤷ Ausstellungsansicht MEANS TO AN END

Auszug        

ein warmer elektronischer Flitter breitet sich langsam vom Mittelpunkt zu den unendlichen Seiten hin aus. glitzernde Dreiecke die allesamt in einem Silberton gehalten sind, tauchen später auf. Etwas kleiner als der Flitter geraten und deswegen agiler schweben sie nach oben. Wie von einem warmen Luftzug getragen. Sich um sich selbst drehend ändern die Dreiecke im Aufstieg ihren Silberton langsam hin zu einem kalten lachsfarbenen Ton. Elegant und sehr bestimmt bewegen sie sich durch eine strenge Anordnung von langsam fester werdenden, regennassen Asphaltplatten. Die lachsfarbenen Dreiecke heben sich sehr gut von den grau schwarzen Asphalttönen ab. Die dicken Platten, von der Größe eines Zigarettenautomaten, bewegen sich in weniger chaotischen Bahnen als Flitter und Dreiecke. Sie ziehen schwerfällig und in spiralförmigen Bewegungen durch das Lied. Jede Platte besitzt einen eigenen Vektor. Gelegentliche Zusammenstöße der dicken Brocken sind vom Komponisten beabsichtigt und setzen arhythmisch sehr tiefe Akzente.
Der Dampf der von den regennassen Asphaltplatten ausgeht, färbt in der unmittelbaren Umgebung der Platte befindliche Dreiecke von lachs nach Reklamheft-gelb, was einen sehr unangenehmen Klang erzeugt.

Dieses Treiben bleibt geraume Zeit unverändert. Der Glitter bewegt sich weiter in einem unendlichen Fluss vom Mittelpunkt zu den Seiten hin. Die Dreicke die auf die Umgebung reagieren. Und die piruettierenden regennassen Asphaltplatten groß wie Zigarettenautomaten. Es gibt keinen Gesang. Unerhört langsam erhellt sich der die ganze Zeit über in schwarz gehaltene Hintergrund des Liedes. Er wird heller und heller, die Leuchtkraft der anderen Töne erhöht sich ungemein. Schließlich aber übertrifft das Strahlen des Hintergrunds alle anderen Töne und lässt sie zu bloßen schwarzen Silhouetten werden. Aber es ist ein langer Prozess bis es soweit ist. Am Ende ist das Licht das vom Hintergrund abstrahlt so stark, dass auch die Formen der andern im Lied vorhandenen Töne nur noch klumpige Ahnungen eines Objekts bleiben. Und Schlussendlich ist das Strahlen des Hintergrunds zu einem gleißenden Licht geworden, welches das Musikstück extrem überbelichtet und keine anderen Klänge mehr erkennen lässt als eben den extrem lauten Hintergrund. Dieses Klang Szenario bleibt bis 2 Minuten 18 unverändert erhalten. Bricht dann aber unvermittelt ab. Direkt am Bruch setzt leise ein dumpfes Stimmgewirr ein und bleibt für nicht ganz 13 Sekunden erhalten ehe das Lied zu Ende ist.



⤷ Ausstellungsansicht MEANS TO AN END



2012
Text, Performance


→ download 99Lovesongs ♥ (.pdf)


⤷ Performance Setting: 99 Lovesongs, HfG Karlsruhe








objekte


ohne Titel (Uhr)
[23.08.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[18.04.2020]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2020

ohne Titel (Uhr)
[18.04.2020]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2020

ohne Titel (Uhr)
[15.08.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[15.08.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[14.02.2020]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2020

ohne Titel (Uhr)
[14.02.2020]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2020

ohne Titel (Uhr)
[17.05.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[I 06.10.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[II 06.10.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[II 06.10.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[27.03.2019] & [I 06.10.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019

ohne Titel (Uhr)
[29.03.2019]

aus der Serie: ›Unzulängliche Objekte / Objekte der Unzulänglichkeit‹
     Pappe, Uhrwerk, 2019






kollaborationen

2020
Bar, Performance
→ mit Maria VMier

Bar, DIY Counceling Cards, Tonkrüge

Teil der Bar ist ein Satz von 54 selbstgestalteten »Counseling Cards« die sehr sanft als Ausgangspunkt für 50 minütige Gespräche mit den jeweils drei Gästen dienen.













2013–2016
Poster Serie + Playlists → Digital Prints (50cm × 70cm) & (70cm × 100cm)
→ mit Max Grau


Für die Ausstellungen »Jan Erbelding Max Grau hatten mal ne Band die hieß ›Dziura‹ was auf Polnisch vielleicht Luftloch bedeutet«, und »Jan Erbelding Max Grau you whispered: ›Werner there it is bliss.‹«, wurde jeweils ein eigener Soundtrack zusammengestellt.
Die einzelnen Lieder liefen als echter Soundtrack während der gesamten Ausstellungsdauer und sollten wie beim Filmsoundtrack unterschiedlichste Stimmungen in der Ausstellung verstärken. An den Wänden wurden die einzelnen Lieder der Soundtracks nochmal als Poster aufgegriffen und mit weiteren Texten versehen.

Die Texte zu den Liedern sind mal anekdotisch, mal theoretisch, mal situativ und greifen Themen innerhalb der Ausstellung erneut auf, fügen etwas hinzu oder widersprechen diesen nochmal, sie verhandeln meine bzw. unsere Ambivalenzen und Bedingungen als Künstler*innen und versuchen so Themen welche meistens nach dem Aufbau nichtmehr sichtbar sind, für die Ausstellung weiter zu erhalten.

Ausserdem entstanden in der Soundtrack Reihe der Vorschlag für einen Soundtrack zur Videonale, Bonn (2015), für den zu einer Posterserie noch eine Performance erarbeitet wurde und die Arbeit Acht Stunden Musik für ein Schwimmbad und Adorno (2016), mit acht Stunden thematisch ausgewählter Musik für das Freibad in Amorbach.

Für die K Konferenz (2015) in Berlin wurde zum Thema Utopie und Science Fiction ein eigener Soundtrack mit dem Titel 13 Songs forever enternity erstellt.


⤷ Ausstellungsansicht @lotte, Stuttgart


⤷ Ausstellungsansicht @blockbuster exhibitions berlin


⤷ Playlist (70cm×100cm)


⤷ Ausstellungsansicht @lotte, Stuttgart





2015
→ mit Max Grau

Text, Video → Farbe, Sound, 24:17min
3 Siebdrucke auf Plexi → 70cm×100cm
C-Print → 9cm×13cm
4 Stühle → Monobloc
Ambient-Sound → Drone, "Funkadellic–Maggot Brain", loop

In unserer bis dahin umfassendsten Duo-Arbeit (Jan Erbelding Max Grau) haben wir die eigene Sinn-Kontruktion, eine 90er Nostalgie und den sehr reflektiert wirkenden und medial perfekt vorbereiteten Massenselbstmord der Heaven’s Gate Sekte als Ausgangspunkte gewählt.

Die Faszination für Heaven’s Gate lag für uns vorallem in deren sehr bewussten Verwendung von Referenzen aus der Popkultur, die direkt in die Glaubenspraxis der Sekte und in deren Kommunikation nach außen eingebaut wurden.

Zwischen Sekundärliteratur und Fernsehdokumentationen, versuchen wir sehr subjektiv unsere eigenen persönlichen Verstrickungen und Sinnkonstruktionen im Wechsel mit unserer Recherche-Arbeit offenzulegen. Für AWAY TEAM entstand ein 24 minütiges Video, dem ein von uns geschriebener Text zugrunde liegt und mehrere kurze Texte, die zusammen mit 90s Nostalgie-Memes auf blaues Plexiglas gesiebdruckt wurden. Im Ausstellungsraum spielt ein Dronesound ausserdem alle 20 Minuten ein Gitarrensolo von ›Funkadellic‹ und das Geräusch des Windspiels aus einer Heaven’s Gate Fernseh-Dokumentation.

   → watch AWAY TEAM video (on Vimeo)
→ download AWAY TEAM screenprints (.pdf/2.1MB)



⤷ Installationsansicht @Prince of Wales


⤷ Flyer
⤷ Siebdruck auf Plexi (70cm×100cm)


⤷ Siebdruck auf Plexi (70cm×100cm)


⤷ Siebdruck auf Plexi (70cm×100cm)



2015-2016
Bar @Münchner-Kammerspiele
→ mit Jonas Münch, Florian Westphal